Zynisch: Landtag lehnt Corona-Abschiebestopp ab
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Der Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags hat am 11. Februar den Antrag der Grünen „Abschiebungen vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie aussetzen“[1] abgelehnt. Grüne und SPD stimmten dafür, dagegen stimmten CSU, Freie Wähler, FDP und AFD.
Die Grünen hatten beantragt, einen Abschiebestopp nach §60 a Aufenthaltsgesetz zu erlassen und alle Abschiebungen aus humanitären Gründen und zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland für drei Monate auszusetzen. Aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie dürften Geflüchtete nicht in Länder mit völlig unzureichendem Infektionsschutz abgeschoben werden. Afghanistan beispielsweise ist laut Auswärtigem Amt von der Corona-Pandemie besonders stark betroffen[2]: „Das Gesundheitssystem hält den Belastungen nicht stand. Afghanistan ist daher als Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko (Hochinzidenzgebiet) eingestuft“. Nicht nur Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsorganisationen sprachen sich gegen Abschiebungen inmitten der Corona-Pandemie aus, sondern auch die Gewerkschaft der Polizei, die um die Gesundheit der Beamt*innen fürchtet.
Dr. Franz Rieger lehnte für die CSU einen generellen Abschiebestopp ab. Er verstieg sich zu der Behauptung, mit einem solchen Abschiebestopp würde die Regierung „sich über rechtskräftige Urteile hinwegsetzen“ und damit „gegen die herrschende Rechtsordnung verstoßen“.
Alexandra Hiersemann (SPD) stellte klar, dass der Antrag der Grünen nicht die Abschaffung des Asylrechts fordere, sondern lediglich einen vorübergehenden Abschiebestopp, den nach dem Wortlaut des Gesetzes die oberste Landesbehörde – also der Innenminister – in eigener Verantwortung erlassen könne.
Selbst der Vertreter des Innenministeriums stellte abschließend dar, dass es letztlich eine politische Entscheidung sei, den § 60 a Abs. 1 AufenthG anzuwenden. Bayern habe hierzu bisher jedoch keine Notwendigkeit gesehen.
„Es ist an Zynismus nicht zu überbieten, einen temporären Abschiebestopp während der Corona-Pandemie abzulehnen, weil er angeblich gegen die herrschende Rechtsordnung verstößt. Ein solcher Abschiebestopp ist nicht nur legal, sondern auch aus humanitären und Infektionsschutzgründen dringend geboten. Stattdessen hält die Regierungsmehrheit aus CSU und Freien Wählern an ihrer harten Abschiebelinie fest“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Der Schutz von Menschenleben hat in einer globalen Pandemie Vorrang, Abschiebungen sind deshalb dringend zu unterlassen!“
[1] https://www.bayern.landtag.de/dokumente/drucksachen/?id=4805&q=&dknr=12328&wahlperiodeid%5b%5d=18&dokumentenart=Drucksache
[2] https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/afghanistansicherheit/204692
Quelle: Pressemitteilung fluechtlingsrat-bayern.de