Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen
Aus einer täuferisch-mennonitischen Sicht
Wir wollen Pazifisten, Friedensstifter sein
Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott Israels sehnt sich danach, daß wir an seinem Frieden teilhaben. Ein Frieden, der die ganze Schöpfung umfaßt, ein Frieden, der unser Leben in der Welt bestimmt. Leider ist unsere Welt immer noch von Gewalt geprägt, geleitet von dem Irrglauben, daß noch mehr Gewalt und die Bereitschaft zu noch mehr Gewalt und gewalttätigem Handeln irgendwie Frieden bringt. Doch die Geschichte zeigt, daß Gewalt Gewalt erzeugt, Haß Haß erzeugt und Tod Tod bringt.
Die Anwendung von Gewalt widerspricht unserem Verständnis von Jesus Christus, seiner Lehre und dem Beispiel, das er mit seinem Leben gegeben hat. Das Zeugnis Jesu gibt eine ganz andere Antwort auf Gewalt: Es ist besser, sein Leben hinzugeben, als andere zu verletzen oder zu töten. Das Beispiel – das was uns Jesu vorgelebt – bringt wahren und dauerhaften Frieden – besser beschrieben mit dem Wort Schalom. Als Täufer:Mennoniten sind wir Jesus Christus, seinem Beispiel und seinem Verständnis von Frieden verpflichtet. Sein Weg ist das Fundament, auf dem die Kirche aufgebaut ist. Wir wollen in der Nachfolge Jesus leben und sterben. Seine Sichtweise ist auch die Grundlage unseres Verständnisses von Kriegsdienstverweigerung – der Weigerung, an Mechanismen, Systemen und Handlungen teilzunehmen, die zu Krieg, Gewalt und Tod führen.
In der Nachfolge Jesu versuchen wir, unser Leben und unsere Gemeinschaft auf zwei wichtigen Geboten der Bibel aufzubauen (Lukas 10,27; 3. Mose 19,18; 5. Mose 6,5): Gott zu lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von ganzer Kraft. Und unsere Mitmenschen lieben wie uns selbst. Jesus Christus rief seine Jünger auf, diesen Verpflichtungen nachzukommen, auch wenn sie in einer Zeit lebten, die von Unterdrückung gekennzeichnet war und in der die Macht und Gewalt des Römischen Reiches und der religiösen Elite bestimmend waren. In der gesamten biblischen Geschichte begegnen wir einem Gott, der bereit ist, Menschen aus Systemen der Gewalt und Unterdrückung zu befreien und sie in eine alternative Gemeinschaft aufzunehmen, die auf Gegenseitigkeit, Gerechtigkeit, Liebe und Frieden beruht. Jesus verstand diese Gemeinschaft als Zeichen einer neuen Welt, des Reiches Gottes. Es ist ein Ort, an dem alle in gerechten Beziehungen leben können, an dem Macht neu definiert wird, damit alle die Fülle des Lebens erfahren können, die Gott vorgesehen hat.
Der Prophet Elisa befahl dem König von Israel, das gefangene Heer von Aram nicht zu töten, sondern ihnen zu essen und zu trinken zu geben und sie nach Hause zurückkehren zu lassen (2. Könige 6). In ähnlicher Weise forderte der Prophet Samuel das Volk Israel auf, nicht nach einem König zu suchen, der eine militärische Streitmacht aufbaut, sondern auf Gott zu vertrauen, um die Sicherheit des Volkes zu gewährleisten (1. Samuel 8). Der Prophet Jona reiste nach Ninive, um Assyrien, dem großen Feind Israels, Vergebung anzubieten. Diese Propheten und die Lehren Jesu widersprachen der vorherrschenden menschlichen Auffassung, daß unsere Sicherheit von militärischer Macht abhängt und daß Gewalt erlösend sein kann. Statt dessen finden wir in der biblischen Geschichte einen Aufruf zur Gottes–, Nächsten– und Feindesliebe, um eine Welt der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung aufzubauen. Der Geist Jesu befähigt uns, Gott in allen Bereichen unseres Lebens zu vertrauen, so daß wir zu Friedensstiftern werden, die auf Gewalt verzichten, unsere Feinde lieben, Gerechtigkeit suchen und unseren Besitz mit den Bedürftigen teilen.
Durch die Jahrhunderte hindurch stellte sich immer wieder die Frage: Wie können wir dem Aufruf Christi zur Nächsten– und Feindesliebe in einem Umfeld der Wehrpflicht nachkommen? Die meisten unserer frühen täuferischen Vorfahren in der Schweiz und in Deutschland (ab 1525) lehnten den Gebrauch des Schwertes und die Teilnahme am Militärdienst mit der Begründung ab, daß „die Welt mit Stahl und Eisen bewaffnet ist, die Christen aber mit der Waffenrüstung Gottes, mit Wahrheit, Gerechtigkeit, Frieden, Glaube, Erlösung und dem Wort Gottes“. Menno Simons, ein früher Täuferprediger, schrieb, daß die Wiedergeborenen berufen sind, „Kinder des Friedens zu sein, die ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln gemacht haben und den Krieg nicht mehr kennen“. Sie sollen „Samen des Friedens“ sein.
Das „Ja“ zu den Wegen des Friedens ist nicht einfach ein täuferisches Merkmal, sondern ein integraler Bestandteil dessen, was es bedeutet, Christ zu sein. In der gesamten Geschichte der christlichen Kirche hat es solche Praktiken gegeben. In unserer Glaubensgemeinschaft und in unserer Vergangenheit gibt es eindrucksvolle Geschichten, in denen unsere Vorfahren den Militärdienst vermieden oder verweigert haben.
Obwohl sich Mennoniten in der Regel der Gewaltlosigkeit verpflichtet haben, erkennen wir an, daß wir manchmal versagt haben, den Weg Jesu zu leben, gescheitert sind. Zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten haben einzelne Mennoniten zu den Waffen gegriffen. Einige unserer Gemeinden oder kirchlichen Einrichtungen haben sich mit götzendienerischem Nationalismus verbündet. Wir bedauern und bekennen diese Verfehlungen und beanspruchen unser langes Erbe der Friedensstiftung als Maßstab für unser Leben. Aus dieser Verpflichtung heraus glauben wir aus tiefer Glaubensüberzeugung: Die Unantastbarkeit des Lebens erlaubt es uns nicht, menschliches Leben zu nehmen. Es ist besser, Kriegsdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, als sich an Kriegen, bewaffneten Konflikten oder militärischer Ausbildung zu beteiligen. Es ist besser Leid, Gefängnis und soziale Ausgrenzung ertragen, als zu den Waffen zu greifen.
Aktiver Pazifismus, wie wir ihn verstehen, geht über Kriegsdienstverweigerung hinaus, es geht um präventive Gewaltverhinderung. Soziale Verteidigung. In der Forderung nach Abschaffung des Militärs (auch einseitig) geht es um die Delegalisierung des Militärs, die zu einer Veränderung des Konfliktverhaltens der Staaten führt. Es geht um die Notwendigkeit friedlicher Lösungen als einzige Alternative.
Kriegsdienstverweigerung überflüssig machen, indem Militär weltweit verboten wird. Als Sofortmaßnahme in allen Ländern mit Wehrpflicht eine Befreiung von der Wehrpflicht ohne Gewissensinquisition schaffen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Artikel 18) besagt, daß jeder Mensch das Recht auf Gedanken-, Gewissens– und Religionsfreiheit hat. Neben der christlichen Grundlage für die Befreiung vom Militärdienst bietet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte einen rechtlichen Rahmen für den Schutz des Gewissens vor Krieg.
Als Mitglieder einer weltweiten Glaubensgemeinschaft sehnen wir uns danach, unsere tiefempfundene Verpflichtung zu Frieden und Gewaltlosigkeit frei leben zu können, ohne Angst vor rechtlichen Sanktionen oder sozialer Einschüchterung, für uns, unser Geschwister und Mitmenschen weltweit.
MWKagJK
Genre:
Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen, Pazifismus, Soziale Verteidigung, Friedensstifter.
Pazifistische Position, nie wieder krieg, Friedenstheologie. Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen, Menschenrecht. Glaubens- und Gewissensgründen. Militärdienstverweigerung Kirche, Kirchen