Der jüdische Staat baut ein Ghetto

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Die Tageszeitung Haaretz veröffentlichte am 10. Juli 2025 einen Kommentar von Gideon Levy mit dem Titel „Humanitarian City? Israel – the Jewish State – Is Building a Ghetto in Gaza“. Darin kritisiert der Autor den israelischen Plan, im Süden des Gazastreifens eine eingezäunte „humanitäre Stadt“ zu errichten, und ordnet ihn in einen historischen Kontext ein, obwohl er es jahrelang vermieden habe, Vergleiche mit dem Holocaust anzustellen weil man darin leicht die Wahrheit verfehlt. Aber man kann schon von viel weniger schockiert sein, beispielsweise vom Verhalten Israels im Gazastreifen.

Würde Mordechai Anielewicz heute leben, wäre er vor Scham gestorben.
Der Anführer der Jüdischen Kampforganisation während des Warschauer-Ghetto-Aufstands wäre vor Scham und Schande gestorben, hätte er von den Plänen des Verteidigungsministers – mit voller Unterstützung des Premierministers – gehört, im südlichen Gazastreifen eine „humanitäre Stadt“ zu errichten.
Anielewicz hätte niemals geglaubt, dass 80 Jahre nach der Schoa jemand einen derart teuflischen Plan zu fassen wagen würde.

Gideon Levy

Levy argumentiert, dass die geplante Abschottung die ohnehin prekäre Lage der Bewohner:innen dramatisch verschärfen und zugleich das kollektive Trauma historischer Ghettoisierung neu entfachen werde. Er verurteilt das Vorhaben als institutionalisierten Akt der Entrechtung, einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und warnt eindringlich vor den immensen moralischen und politischen Folgekosten einer Politik der räumlichen Segregation. Stattdessen fordert er einen diplomatischen Kurswechsel sowie konsequent entmilitarisierende Lösungen.

Wer sich vertieft mit der Argumentation auseinandersetzen möchte, findet den englischsprachigen Originalbeitrag (Paywall) unter folgendem Link:
https://www.haaretz.com/opinion/2025-07-10/ty-article-opinion/.premium/the-jewish-state-is-building-a-ghetto/00000197-f0b4-d976-afbf-fdbd59460000

 

Haaretz (haaretz.com) ist Israels älteste noch erscheinende Tageszeitung. Sie wurde 1919 in Tel Aviv gegründet und gilt im In- und Ausland als „newspaper of record“. Sie erscheint werktags auf Hebräisch. Zusätzlich gibt es eine eigene englische Online-Ausgabe mit eigens kuratierten Inhalten und Übersetzungen. Die Journalist:innen thematisieren Menschen- und Bürgerrechte, die Lage in den besetzten Gebieten sowie soziale und wirtschaftliche Ungleichheit. Damit positioniert sich Haaretz als Gegenstimme zum zunehmend rechtskonservativen Mainstream und steht – nicht zuletzt wegen investigativer Recherchen – häufig im Kreuzfeuer der Politik. Dennoch bleibt die Zeitung eine der einflussreichsten Stimmen des Landes, sowohl für israelische als auch für internationale Leser:innen.