Täufer Wiedertäufer Anabaptisten
Die Täufer – von ihren Gegnern in kriminalisierender Absicht „Wiedertäufer“ genannt – kann man als „dritte Religionspartei“ der Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert in Deutschland bezeichnen, auch wenn diese reformwilligen Personen und Gruppen in sich nicht so einheitlich und nicht so leicht organisatorisch faßbar waren wie Anhänger des „alten Glaubens“ und der lutherischern oder zwinglianischen Reformation. Die heutigen Mennoniten sind die durch viele Veränderungen gegangenen Nachfahren dieser Täufer. Die Täuferbewegung entstand, so weit uns bekannt ist, in Zürich im Kreis von Zwingli-Anhängern, die in den frühen 1520er Jahren eine strukturell und inhaltlich weitergehende Reform der Kirche anstrebten, als sie unter Zwinglis politisch-vorsichtiger Führung zustande kam. Es ging um die „Reinigung“ des Gottesdienstes von Bildern und klerikalen Zeremonien, um das Abendmahl in beiderlei Gestalt und in einer etwas späteren Entwicklung um das Verhältnis von staatlichem und kirchlichem Regiment, die Mündigkeit der Laien und die Autonomie der christlichen Gemeinde sowie ab etwa 1525 um die Rechtmäßigkeit der Kindertaufe. Die Verweigerung der Kindertaufe und eine Taufe zur Bekräftigung des jetzigen Glaubens wurde schnell zum Kennzeichen und „Initiationsritus“ der täuferischen Gemeinden.
Etwas generalisierend kann man die Anhänger der Täuferbewegung als die „Radikalen“ des 16. Jahrhunderts bezeichnen, und es flossen in diese Protest- und Erneuerungsbewegung auch soziale Aspekte und generell die aufkommende Vorstellung von der Mündigkeit des Einzelnen ein. Historiker haben als Triebfeder hinter den täuferischen Reformvorstellungen einen starken „antiklerikalen Impuls“ (Hans-Jürgen Goertz) ausgemacht, der auch vor der Vorstellung einer Unabhängigkeit der christlichen Gemeinde von staatlicher Obrigkeit nicht zurückschreckte. Dieses Konzept einer (modern gesprochen) „Trennung von Staat und Kirche“ war für die große Mehrheit der damals lebenden Menschen und vor allem für alle herrschenden Obrigkeiten unakzeptabel, unabhängig davon, welcher Vorstellung von kirchlichem Leben sie ansonsten anhingen. Daher ist aus historischem Abstand verständlich, daß das Täufertum mit seiner Aufgabe eines einheitlichen, wohlgeordneten „corpus christianum“ von den Herrschenden als Bedrohung, ja als Gotteslästerung empfunden und überall aufs Schärfste verfolgt wurde. Es haben sich nur Nachfahren der sogenannten „Schweizer Brüder“ und der Anhänger Menno Simons’ (daher im weiteren Verlauf für alle diese Gruppen der kollektive Name „Mennoniten“) sowie die Gruppe der sogenannten „Huttterer“ erhalten, die alle eine strikt gewaltlose Haltung als für Christen unabdingbar ansahen. Die Hutterer haben darüber hinaus einen christlich begründeten Kommunismus etabliert und diese Lebensform bis in die Gegenwart durchgehalten.
Theologische Erbstücke der täuferischen Anfänge in den heutigen Mennonitengemeinden sind die Betonung der Freiheit der örtlichen Gemeinde und der Eigenverantwortlichkeit der Gläubigen, der Einsatz für Frieden und gewaltlosen Dienst an den Mitmenschen, die Ablehnung des Eides (als Ausdruck einer als zu weitgehend empfundenen Loyalität gegenüber weltlicher Macht) und die Taufe in einem bewußten Alter des Täuflings sowie das Bemühen um eine gewisse „Staatsferne“, was aber angesichts einer immer intensiver werdenden gegenseitigen Abhängigkeit der Menschen und Institutionen in der modernen Gesellschaft immer schwieriger wird. Auch in der weiteren Geschichte des Mennonitentums kam es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten und Spaltungen, was bei der starken Betonung der Autonomie des Einzelnen und der örtlichen Gemeinde und angesichts des Fehlens jeglicher normierenden Instanz (Kirchenleitung, verbindliche Bekenntnisse oder ähnliches) nicht verwunderlich ist. Daher bietet das Weltmennonitentum heute ein buntes Bild, in dessen Endgestalt auch immer wieder Einflüsse der diese Mennoniten jeweils umgebenden Umwelt eingeflossen sind.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG)