ÖRK-Vollversammlung: »Überwindung aller Kriege in den Mittelpunkt stellen«

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Friedensorganisationen schreiben Offener Brief an Ökumenische Rat der Kirchen

Unterzeichnende des Offener Briefs

Unter den Unterzeichnenden des Offenen Briefes sind Vertreterinnen und Vertreter der folgenden Friedensorganisationen:

  • Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden,
  • church and peace – Europäisches friedenskirchliches Netzwerk,
  • Deutsche Franziskanerprovinz,
  • Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee,
  • Mennonitisches Friedenszentrum Berlin und
  • Ökumenische Aktion Ohne Rüstung Leben.

Was ist die 11. ÖRK-Vollversammlung 2022

Die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) ist 2022 erstmals in Deutschland. Mehr als 4.000 internationale Gäste aus rund 350 Kirchen treffen sich vom 31. August bis 8. September 2022 in Karlsruhe. Sie repräsentieren über 500 Millionen Christinnen und Christen aus mehr als 120 Ländern. Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und tritt in der Regel alle acht Jahre zusammen. Die Delegierten nehmen an Geschäfts- und Plenumssitzungen teil, zudem ist ein vielfältiges Begegnungs- und Exkursionsprogramm geplant, an dem auch Besucherinnen und Besucher teilnehmen können. Auch Church and Peace-Mitglieder gestalten Veranstaltungen.

„Überwindung aller Kriege in den Mittelpunkt stellen“ ÖRK-Vollversammlung!

Überwindung aller Kriege in den Mittelpunkt stellen!

Mit Offenen Brief wendet sich Church and Peace zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener ökumenischer Friedensorganisationen an den Zentralausschuß des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und an die Delegierten bei der 11. Ökumenischen Vollversammlung 2022 in Karlsruhe. Sie unterstreichen darin ihre Hoffnung, daß die anstehende ÖRK-Vollversammlung eine Plattform des Dialogs und der Verständigung wird. Church and Peace beteiligt sich aktiv an diesem Dialog und gestaltet Teile des öffentlich zugänglichen Begegnungsprogramms wie des Vollversammlungsprogrammes mit.

„Die weltweite Ökumene hat in den vergangenen Jahrzehnten mit wegweisenden Beschlüssen und Worten militärische Rüstung, Krieg und die Drohung mit Atomwaffen verurteilt. Damit ist sie leuchtendes Vorbild für viele Christinnen und Christen“, betonen die Unterzeichnenden. Gerade in diesen Zeiten sei ein klares Bekenntnis der weltweiten Ökumene zum Gewaltverzicht und zu militärischer Abrüstung unverzichtbar.

„Wir beobachten mit großer Sorge, daß viele Menschen unter dem Eindruck des Ukraine- Krieges an der christlichen Friedensethik zweifeln. Sie stellen das Ziel einer Überwindung von Gewalt durch Feindesliebe und Versöhnung und damit auch eine Politik der zivilen Friedensförderung in Frage. Wir sind überzeugt, daß die Überwindung aller Kriege und die gemeinsame Entwicklung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung im Mittelpunkt unseres Handelns stehen muß“, heißt es in dem Offenen Brief weiter.

Mit Blick auf die anstehende Ökumenische Vollversammlung erhoffen sich die Unterzeichnenden deutliche Signale für den Weg des Gerechten Friedens: „Möge es Ihnen gelingen, auch die Zweifelnden dazu zu ermutigen, der Institution des Krieges jede Legitimität zu entziehen!“

Der Offene Brief verweist auch auf mehr als 5.100 Menschen, die einen Friedensappell an die einladenden Kirchen der 11. ÖRK-Vollversammlung unterzeichnet haben. Dieser Appell fordert von den einladenden Kirchen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich unter anderem eine klare und öffentliche Positionierung für einen umgehenden Beitritt ihrer Länder zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag und für eine Umwidmung der milliardenschweren Rüstungsausgaben zugunsten einer sozialen, friedensfördernden und klimagerechten Gesellschaft. Denn Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!

Offener Brief im Wortlaut:
»Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein«

Abschrift

[Anschrift]

Mit der Bitte um Weiterleitung an alle Delegationen zur 11. Ökumenischen Vollversammlung

Offener Brief an den Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen und die Delegierten bei der 11. Ökumenischen Vollversammlung 2022 in Karlsruhe

Sehr geehrte Mitglieder des Zentralausschusses,
sehr geehrter Herr Generalsekretär Priester Prof. Dr. Sauca,
sehr geehrte Delegierte der weltweiten Ökumene!

Wir freuen uns sehr, dass Sie in diesem Jahr zu Gast in Deutschland sind! Die 11. Ökumenische Vollversammlung im August und September 2022 in Karlsruhe setzt eine große Tradition fort. Wir hoffen, dass sie eine Plattform des Dialogs und der Verständigung wird.

Die weltweite Ökumene hat in den vergangenen Jahrzehnten mit wegweisenden Beschlüssen und Worten militärische Rüstung, Krieg und die Drohung mit Atomwaffen verurteilt. Damit ist sie leuchtendes Vorbild für viele Christinnen und Christen, die mit großem Engagement durch das Streben nach Frieden und für den Schutz des Lebens Gottes Liebe zur Welt verbreiten. Besonders hervorheben möchten wir:

  • Amsterdam 1948: »Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein«
  • Nairobi 1975: »Die Kirchen sollten ihre Bereitschaft betonen, ohne den Schutzvon Waffen zu leben und bedeutsame Initiativen ergreifen, um auf eine wirksame Abrüstung zu drängen«
  • Vancouver 1983: »Wir glauben, dass für die Kirchen die Zeit gekommen ist, klar und eindeutig zu erklären, dass sowohl die Herstellung und Stationierung als auch der Einsatz von Atomwaffen ein Verbrechen gegen die Menschheit darstellen«
  • Busan 2013: »Wir müssen uns mit anderen Religionsgemeinschaften und allen Menschen guten Willens zusammenschließen, um die nationalen Militärkapazitäten zu reduzieren und der Institution des Krieges die Legitimität zu entziehen«

Wir danken dem Zentralkomitee des ÖRK für die wichtigen Worte in seiner »Erklärung zum Konflikt in der Ukraine«. Angesichts der aktuellen Weltlage ist ein klares Bekenntnis der weltweiten Ökumene zum Gewaltverzicht und zu militärischer Abrüstung unverzichtbar!

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist ein beherrschendes und bedrückendes Thema. Wir beobachten mit großer Sorge, dass viele Menschen unter dem Eindruck des Krieges an der christlichen Friedensethik zweifeln. Sie stellen das Ziel einer Überwindung von Gewalt durch Feindesliebe und Versöhnung und damit auch eine Politik der zivilen Friedensförderung in Frage.

Über die große Aufmerksamkeit, die dem Ukraine-Krieg zukommt, werden andere Katastrophen in den Hintergrund gedrängt. Mittlerweile leidet fast ein Viertel der Menschheit unmittelbar unter gewaltsamen Konflikten. Der Klimawandel schreitet immer schneller fort, Missernten sind die Folge und die Zahl der Menschen, die an Hunger leiden, steigt weltweit wieder an.

Wir sind überzeugt, dass die Überwindung aller Kriege und die gemeinsame Entwicklung von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung im Mittelpunkt unseres Handelns stehen muss.

Wir sind uns bewusst, dass der Export von Waffen und Rüstungsgütern aus Europa Kriege und Konflikte in aller Welt befeuert und schwere Verstöße gegen die Menschenrechte ermöglicht. Die Regierungen und Waffenindustrien unserer Länder laden damit Schuld auf sich.

Wir sehen auch, dass die Atommächte keine Bemühungen zeigen, ihre nuklearen Arsenale abzubauen. Ebenso wie viele europäische NATO-Staaten halten sie weiterhin ander Drohung mit Atomwaffen fest und nehmen damit die Vernichtung allen Lebens auf unserer Erde für vermeintliche Sicherheit in Kauf. Wir schließen uns der Haltung des ÖRK an, dass das Vorhandensein auch nur einer einzigen Atomwaffe gegen die grundlegenden Prinzipien unserer Glaubenstraditionen verstößt und alles, was uns lieb und teuer ist, durch unvorstellbare Zerstörung bedroht.

Wenn nun von der 11. Ökumenischen Vollversammlung in Karlsruhe erneut deutliche Signale für den Weg des Gerechten Friedens ausgehen, wäre das eine wichtige Stärkung unserer Kirchen und der Zivilgesellschaft. Möge es Ihnen gelingen, auch die Zweifelnden dazu zu ermutigen, der Institution des Krieges jede Legitimität zu entziehen!

Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens hat uns in den vergangenen Jahren an viele Orte der Ungerechtigkeit und Gewalt geführt. Und er hat uns unzählige Möglichkeiten geschenkt, das Leben zu feiern, Hoffnung zu schöpfen, zu versöhnen und Frieden zu gestalten. Daherfreuen wir unsaufeinen gemeinsamen Weg für eine soziale, klimagerechte und friedensfördernde Welt, der von Karlsruhe ausgehen soll.

Insbesondere hoffen wir, dass die weltweite Ökumene die deutschen und europäischen Kirchen ermutigt und in die Pflicht nimmt, sich klar und öffentlich zu positionieren:

  • für einen umgehenden Beitritt ihrer Länder zum UN-AtomwaffenVerbotsvertrag, um die gefährlichsten aller Waffen von dieser Welt zu bannen und die ständige Bedrohung für die Menschheit zu überwinden.
  • für einen Stopp der Exporte von Rüstungsgütern aus ihren Ländern (insbesondere Kleinwaffen), weil sie das Leid in den Kriegen dieser Welt verschärfen und friedliche Verständigung erschweren.
  • für eine Umwidmung der Milliarden, die uns militärische Rüstung jährlich kostet, zugunsten eines sozialen, friedensfördernden und klimagerechten Umbaus unserer Gesellschaft.

Diese Erwartungen an die einladenden Kirchen haben wir in unserem Friedensappell 2022 »Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein« formuliert. Mehr als 5.150 Menschen haben sich den Forderungen angeschlossen und den Appell vor der Ökumenischen Vollversammlung unterzeichnet!

Gott des Lebens, richte unsere Schritte auf den Weg des gerechten Friedens!

Ende

22. August 2022, kann als PDF-Datei mit der Liste der Unterzeichner auf www.church-and-peace.org heruntergeladen werden