Flüchtlingsgipfel: Kein »Weiter so« in der Unterbringungspolitik!
Erstellt am:
Kein Weiter so in der Unterbringungspolitik, sondern eine pragmatische und lösungsorientierte Unterbringungspolitik für alle Schutzsuchenden fordern die Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL in ihrer Pressemitteilung vom heute stattfinden Flüchtlingsgipfel.
Anlässlich des Flüchtlingsgipfels am heutigen Donnerstag fordern PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte eine pragmatische und lösungsorientierte Unterbringungspolitik für alle Schutzsuchenden. Der knappe Wohnraum in Deutschland ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das nicht nur geflüchtete Menschen betrifft. Die Lösung darf nicht darin bestehen, Geflüchtete auszugrenzen und zu diskriminieren. Zudem müssen die Ausländerbehörden entlastet werden - PRO ASYL hat dazu einige Vorschläge.
So geht man mit Menschen nicht um!
Von der Reise des Ministerpräsidenten auf den Balkan zur Anwerbung von Fachkräften war vor wenigen Tagen in den Zeitungen zu lesen. Gleichzeitig dürfen viele Geflüchte keine Ausbildung machen, keiner Arbeit nachgehen. Werden um politische Interessen durchzusetzen, ständiger Angst ausgesetzt. Mit Vernunft und „Christlich-Sozial“ hat solch Handeln nichts zu tun. Es ist einfach nur grausam, man kann es nicht verstehen.
https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/bayern-unterwegs-auf-dem-balkan-soeders-suche-nach-den-fachkraeften-id65517381.html
„Die Krise der Unterbringungspolitik besteht seit Jahren und nicht erst, seitdem Schutzsuchende aus der Ukraine aufgenommen wurden. Lösungsansätze dafür beginnen mit einer Debatte über die Aufhebung der Wohnpflicht in Sammelunterkünften und enden mit einem Kurswechsel mit dem Ziel: Wohnungen statt Lager“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Debatten über Abschiebungen sind hier nicht zielführend und befeuern nur eine diskriminierende und ausgrenzende Stimmung.“
PRO ASYL und die Landesflüchtlingsräte fordern zudem, dass sich die Politiker:innen beim Flüchtlingsgipfel auch mit der Überlastung der Ausländerbehörden befassen. Die monatelangen Wartezeiten auf einen Termin sind für die Betroffenen eine enorme Belastung. Sie verlieren in dieser Zeit Jobangebote und haben Angst vor der Abschiebung.
Ausländerbehörden entlasten
Mit dem Maßnahmenkatalog [1], der in der vergangenen Woche an die Innenministerien von Bund und Ländern verschickt wurde, schlägt PRO ASYL konkrete Schritte vor, die kurzfristig zu einer Entlastung führen würden. Darüber hinaus sind mehr Personal und ein Mentalitätswechsel notwendig, um den von der Bundesregierung angekündigten Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik auch in den Behörden umzusetzen.
Bei der Unterbringung sollen Asylsuchende von Anfang an dabei unterstützt werden, bei Verwandten, Freund:innen oder in eigenen Wohnungen unterzukommen, statt in Sammelunterkünften leben zu müssen. Die Bundesländer haben nach § 49 Abs. 2 Asylgesetz die Möglichkeit, Menschen „iinsbesondere zur Gewährleistung der Unterbringung und Verteilung“ von der Wohnverpflichtung in Asylunterkünften zu befreien. „Berlin [2] hat mit der Aufhebung der Wohnverpflichtung für Asylsuchende Ende Januar einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Weitere Bundesländer müssen diesem Beispiel folgen“, so Alaows.
Wohnungen statt Sammelunterkünfte
Nach dem Vorbild der Aufnahme von Geflüchteter aus der Ukraine muss auch für Asylsuchende eine flexible Unterbringungspolitik umgesetzt werden, die Kommunen und Länder entlastet. Asylsuchende, die bei privaten Gastgeber:innen oder Verwandten unterkommen können, sollen ebenso wie Ukrainer:innen von der Verteilung auf andere Bundesländer und Kommunen ausgenommen werden.
Keine Lösung ist, die Aufnahmequoten der Flächenstaaten zu erhöhen: Fläche schafft noch keine Integration, in Städten sind die Teilhabechancen meist besser als bei isolierter Unterbringung auf dem Land. Zentral für das Ankommen und die Eingliederung in Wohnung und Arbeit sind für die Schutzsuchenden am Ort lebende Angehörige, ehrenamtliche Helfer:innen sowie eine Infrastruktur mit Beratungsstellen, Anwält:innen, Ärzt:innen und anderen.
Wohnsitzauflagen abschaffen
„Besonders absurd ist, dass Kriegsflüchtlinge und anerkannte Flüchtlinge nicht jedes Wohnungsangebot annehmen dürfen, sondern wegen der Wohnsitzauflage auf eine bestimmte Kommune festgelegt sind. Geflüchtete, die beispielsweise in einer Sammelunterkunft wohnen und eine Wohnung im Nachbarort finden, dürfen dort nicht hinziehen. Es muss gesetzlich verankert werden, dass das Angebot einer passenden Wohnung stets zur sofortigen Aufhebung der Wohnsitzauflage führt“, fordert Alaows.
Selbst Geflüchtete, die in der ihnen zugewiesenen Kommune eine Wohnung gefunden haben, sind immer wieder mit einer willkürlichen Behördenpraxis konfrontiert. Betroffene berichten, dass ihnen auch nach jahrelangem Aufenthalt der Auszug aus den Gemeinschaftsunterkünften in eine Wohnung verweigert wurde. Begründet werden die Ablehnungen mit der Residenzpflicht nach Paragraf 53 Asylgesetz, die es nach Ermessen erlaubt, Asylsuchende jahrelang in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen. „Paragraf 53 Asylgesetz muss gestrichen werden“, so Alaows.
Statt den alten Ruf nach mehr Abschiebungen als vermeintliche Lösung zu präsentieren, wäre es hilfreich, wenn Bund, Länder und Kommunen die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten effektiver nutzen und, wo nötig, die Gesetze ändern würden.
[1] https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2023-02-10_Ueberlastung-der-ABHs.pdf
[2] https://www.berlin.de/sen/ias/presse/pressemitteilungen/2023/pressemitteilung.1288274.php
Quelle: Pressemitteilung fluechtlingsrat-bayern.de/fl vom 15. feb. 23.