Rede Antikriegstag 2023

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Rede zum Antikriegstag 1.9.2023.

Antikriegstag

„Wir investieren hier in den Frieden Europas“, sagte Annalena Baerbock vorgesternin Toledo, nachdem die EU 20 Milliarden mehr Waffenhilfe für die Ukraine beschlossen hatte. Und eine Woche zuvor: „Wenn jemand eine gute Idee hätte, den Krieg zu beenden, wäre er wohl schon beendet.“ Ich hätte mehrere Ideen. Ob sie gut sind und den Krieg beenden könnten? Es käme auf einen Versuch an.

Gestern fiel mir ein Werbeblatt des Augsburger Diözesanmuseums in die Hände. Ab 6.10. gibt’s dort die Sonderausstellung „Das Ulrichskreuz – Ereignis + Erinnerung“. Im Einladungsblatt heißt es „Ulrichskreuze sind Nachbildungen eines mittelalterlichen Reliquiars, das drei Stückchen vom Kreuz Christi in sich birgt. Sie waren der Überlieferung nach im Besitz Bischofs Ulrich von Augsburg.“

Und weiter: „Bei der Lechfeldschlacht im Jahr 955 soll Bischof Ulrich die Kreuzpartikel bei sich getragen haben. Sie verhalfen den Augsburgern zum Sieg. So wurde das Ulrichskreuz zum Siegeskreuz.“

Weiter: „Als Erinnerung an jenes Ereignis werden seit rund 500 Jahren Nachbildungen des Kreuzreliquiars am Grab des heiligen Ulrichs ausgegeben. Von diesen Ulrichskreuzen erhofften sich Wallfahrende Segen und Schutz für ihre alltäglichen Anliegen.“

Unter der Überschrift „Neugierig geworden?“ heißt es dann noch: „Ob Taufandenken, Mäuseschreck oder Blitzableiter – erleben Sie die Ulrichskreuze im Licht ihrer faszinierenden Geschichten.“

Das ist nicht zum Lachen. Gezeigt werden an die 1000 Ulrichskreuze, es gibt einen wissenschaftlichen Katalog, ein interaktives Spiel, familiengerechte Mitmach-Stationen Vorträge, Führungen für Gehörlose und Blinde, auch für Menschen mit Demenz …

Nun wird heuer zum 1100. Jahrestag der Bischofsweihe im Jahr 923 viel Rührseliges erzählt. Dass aber so offen die damalige Kriegstheologie und ihre Verbrämung durch die angeblichen Splitter vom Kreuz Christi und deren Wunderwirkung erzählt wird! Dass der blutige Sieg auf dem Schlachtfeld ohne Relativierung zum Sieg Christi erklärt wird! Das hat zwar damals schon über 600 Jahre Tradition seit Kaiser Konstantin 312 am Vorabend das Kreuzzeichen in den Wolken sah und die Inschrift „In diesem Zeichen wirst du siegen“. Heute aber steht es im Kontext des Schlachtens in der Ukraine, wo beide Seiten mit Waffen, aber auch mit Kreuzen hantieren.

Was ist das Ulrichskreuz anderes als eine Lästerung dessen, von dessen Kreuz es angeblich 3 Splitter enthält? Jesus wurde gezwungen, ein Kreuz zu tragen. Er wurde von römischen Soldaten darauf genagelt und starb einen grausamen Tod als politischer Verbrecher. Sein Gewaltverzicht, seine Feindesliebe, sein Pazifismus fordert die Mächtigen bis heute heraus. Das zeigt auch die derzeitige Hetze gegen Pazifisten hierzulande. Nie wäre Jeus auf die Idee gekommen, sein Kreuz könne ein militärisches Siegeszeichen sein.

Als Brunnenfigur reitet Ulrich am Dom hoch zu Ross, reckt das Kreuz wie ein Schwert. Verkörperung imperialer Verfälschung der Botschaft Jesu. Neben ihm viel kleiner die Heilige Afra, nach ihr ist das Diözesanmuseum benannt. An den Pfahl gebunden auf dem Scheiterhaufen, die Flammen sind schon zu sehen. Sie starb der Legende nach 304 in der Christenverfolgung durch den Kaiser Diokletian. Da war die Kirche noch in Opposition zum Imperium Romanum. Verweigerte die göttliche Verehrung des Kriegsherrn. Nahm dafür Verfolgung und Tod in Kauf.

Gegenüber vom Brunnen die bescheidene Stele des Priesters Max Josef Metzger. Aus dem 1. Weltkrieg als Pazifist zurückgekommen. Als Demokrat und Kriegsgegner vor dem Volksgerichtshof. 1944 hingerichtet. Weil er der Spur Jesu folgte, kriegerische Gewalt ablehnte und Jesu Reich des Friedens, der Gerechtigkeit und der Gewaltfreiheit noch vor Gericht verkündete. – Auch er ein „gefallener Engel aus der Hölle“, wie sich unser Bundeskanzler auszudrücken pflegt?

Es gibt andere Mittel sich zu verteidigen. Schwerter, Raketen, Panzer, Drohnen sind mit der Botschaft Jesu – der guten Nachricht – das heißt Evangelium auf Deutsch – unvereinbar. Sie sind keine Investition in den Frieden Europas. In den Augsburger Friedenswochen im November wird es wieder Gelegenheit geben, über diesen anderen Weg zum Frieden zu lernen, auch Soziale Verteidigung gehört dazu.

W. Krauß