Eine etwas andere Migrationsgeschichte aus einem anderen Land einer anderen Welt

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Amisch, Mennoniten und Migration.

Im Gemeindebüro einer Mennonitengemeinde in New Holland, Lancaster County, steht man vor einer großen Herausforderung. Das Gespräch zwischen Prediger David Esh und einem Vertreter des Church World Service dreht sich um die dringende Frage, wo eine 17-köpfige sudanesische Flüchtlingsfamilie untergebracht werden kann. Die Familie soll aus einem Flüchtlingslager im Tschad nach Pennsylvania kommen. Die Eltern waren vor 20 Jahren während des Völkermords in Darfur aus dem Sudan geflohen. Die schrecklichen Erinnerungen an die damalige Gewalt sind noch sehr präsent und nun sucht die Familie ein neues Zuhause.

Die Familie besteht aus einem Mann, zwei Frauen und vierzehn Kindern. Es stellt sich die Frage, wie viele Schlafzimmer und Badezimmer benötigt werden, um ihnen Sicherheit und Komfort zu bieten. Der Church World Service, dessen Motto lautet: „Alle Familien verdienen Sicherheit und Würde“, setzt sich für eine geeignete Unterkunft ein.

Prediger Esh und der Vertreter von Church World Service verlassen die Kirche und gehen zu einem Schuster an der Route 23, vor dem ein Gemüsestand am Straßenrand steht. Drinnen treffen sie Eli Hershberger, der amisch aussieht, dessen genaue Zugehörigkeit aber unklar bleibt. Ob Beachy Amish, Old Order Amish, New Order Amish, Weaverland oder Groffdale Mennonite, darüber wird nicht weiter diskutiert. Eli zeigt ihnen ein Haus, das er gerade renoviert. Es hat sechs Schlafzimmer und war ursprünglich für jemanden aus der amischen Gemeinschaft gedacht, der bald heiraten wollte. Das Haus wäre aber vorübergehend für die Flüchtlingsfamilie verfügbar.

Dass der Sudanese zwei Ehefrauen hat, erwähnt der Vertreter von Church World Service nicht. Als Eli fragt, wie viele Kinder die Familie habe, flüstert er: „Vierzehn“. Eli antwortet: „Oh, das ist kein Problem“.

Ein polygamer muslimischer Geflüchteter aus dem Sudan mit seiner Familie auf einer Amisch-Farm in Lancaster County – das ist ein ungewöhnlicher Anblick. Die Verbindung zwischen der muslimischen und der amischen Familie wächst, als die erwachsenen Kinder der Familie Abdel-Raheem bei der Ernte von Zwiebeln, grünen Bohnen und anderem Gemüse helfen.

Beide Familien legen großen Wert auf Frömmigkeit und bescheidene Kleidung. Sie nehmen ihre Verantwortung für die Familie ernst und befolgen die Gebote ihres Glaubens.

Die Bindung zwischen den Familien wird immer enger, aber irgendwann muss die sudanesische Familie ihr vorübergehendes Zuhause verlassen, um eine dauerhafte Bleibe zu beziehen. Glücklicherweise arbeiten die beteiligten Gemeinden der verschiedenen mennonitischen Verbände (LMC und Mennonite Church USA) weiterhin zusammen, um die Familie zu unterstützen. Sie helfen den Erwachsenen, Arbeit zu finden, die Kinder in der Schule anzumelden, der Familie beizubringen, wie man mit dem Bus zum Supermarkt fährt, Rechnungen bezahlt und ein Bankkonto eröffnet. Dabei werden sie zu Freunden.

Die Geschichte zeigt, wie Menschen unterschiedlicher Kulturen und Glaubensrichtungen zusammenkommen können, um sich gegenseitig zu unterstützen und zu bereichern. Es ist ein Beispiel für Menschlichkeit, Solidarität und die Überwindung von Vorurteilen – eine Geschichte, die Hoffnung und Zuversicht in einer oft gespaltenen Welt gibt.

(Namen der Beteiligten wurden geändert)