„Es gibt keine Zukunft in Palästina“
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Mit dieser Botschaft, die israelische Siedler:innen überall im Westjordanland anbringen, sollen Palästinenser:innen terrorisiert und unter Druck gesetzt werden, damit sie ihre Heimat verlassen
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Seit Jahrzehnten leben Palästinenser:innen unter Bedingungen, die ihnen ihre Rechte, ihre Träume und sogar die Hoffnung auf eine Zukunft rauben. Täglich werden sie mit neuen Herausforderungen und Bedrohungen konfrontiert, die die Frage aufwerfen: Gibt es überhaupt eine Zukunft in Palästina?
Im Westjordanland begegnen wir einer erschreckenden Realität: Israelische Siedler:innen haben Transparente/Banner in arabischer Schrift mit der Aufschrift „Es gibt keine Zukunft in Palästina“ aufgehängt. Diese hasserfüllte Aussage wird nicht nur toleriert, sondern breitet sich in den Städten aus und prangt an Mauern und Straßen. Seit mehr als einem Monat hängen sie dort, ohne als Hassbotschaft eingestuft zu werden. Diese Botschaften werden nicht entfernt, sondern vermehren sich und verstärken eine Atmosphäre der Feindseligkeit und Angst, die zu einem untrennbaren Teil unseres täglichen Lebens geworden ist.
Wir als Palästinenser:innen sind verängstigt. Die Angst ist Teil unseres Alltags geworden, weil wir uns um die Sicherheit unserer Familien, unserer Häuser und unserer Zukunft sorgen. Abrisse, das heißt die systematische Zerstörung unserer Häuser durch die israelischen Behörden, Angriffe, Verhaftungen, Drohungen, Checkpoints und Abriegelungen stören ständig unser Leben. Diese Zerstörungen sollen nicht nur materiellen Schaden anrichten, sondern auch unser Sicherheitsgefühl und unsere Hoffnung auf eine stabile Zukunft zerstören. Diese Aktionen sind kein Zufall, sondern Teil eines systematischen Versuchs, unser Sicherheitsgefühl zu schwächen und uns von der Hoffnung auf ein besseres Morgen zu entfernen.
Der Slogan „Ein guter Araber ist ein toter Araber“ ist mehr als nur ein Satz; er ist Ausdruck einer tief verwurzelten Feindseligkeit, die uns entgegenschlägt. Es ist ein Gefühl, das von zionistischen Politiker:innen und Politiken verbreitet wird, die darauf abzielen, Palästinenser:innen zu entmenschlichen. Aber wir sind nicht anders als andere Völker. Wir träumen davon, Familien zu gründen, Karrieren aufzubauen und eine Zukunft zu planen. Wir sind Menschen, die Würde, Sicherheit und Freiheit verdienen.
Bewegungsfreiheit, Arbeit und Zugang zur Grundversorgung sind Grundrechte, die uns verweigert und wie Luxusgüter behandelt werden. Warum müssen Palästinenser:innen so viel kämpfen, um das zu erreichen, was für andere selbstverständlich ist? Selbst einfache Dinge wie zur Arbeit zu gehen, zur Schule zu gehen oder ein Krankenhaus aufzusuchen, werden zu Herausforderungen, die Geduld und Mut erfordern. Das Reisen, das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, fühlt sich an wie ein Privileg, das wir nicht haben.
Ich wohne in der Nähe einer Militärbasis, und eine Zeit lang schien es ruhig zu sein. Die Razzien in unserem Haus hörten vor ein paar Jahren auf. Aber letztes Jahr hat sich alles geändert. Soldat:innen begannen, Autos anzuhalten, Menschen herauszuziehen und sie mit Fragen wie „Was machst du hier?“ zu verhören. Die eigentliche Ironie ist, dass man sich fragen sollte: „Was machen sie hier?“ Die israelischen Besatzungskräfte sind in einem palästinensischen Viertel präsent, in dem es keine nahegelegenen israelischen Siedler:innen gibt. Die Betroffenen wollten nur ihre Familien besuchen, Waren abliefern oder nach Hause zurückkehren.
Doch die militärische Präsenz verwandelte unser Viertel in eine Falle. Die Angst, verhaftet oder schikaniert zu werden, hält die Menschen davon ab, sich im Viertel zu bewegen. Verwandte zu besuchen oder Lieferungen zu machen, ist zu einem Akt des Mutes geworden, denn das Risiko, angehalten, verhört oder mit Schlimmerem konfrontiert zu werden, ist groß.
Wir träumen von einem normalen Leben, in dem wir nicht in ständiger Angst leben müssen oder uns wie Eindringlinge im eigenen Land fühlen. Aber jeder Abriss, die Zerstörung von Häusern und Lebensgrundlagen durch die israelischen Behörden, jeder Kontrollpunkt und jedes hasserfüllte Banner sagt uns, dass wir aufhören sollen zu träumen. Diese Aktionen senden eine klare Botschaft: „Ihr habt hier keine Zukunft“.
Oft werden wir Palästinenser:innen für die Entscheidungen verurteilt, die wir treffen, ob wir diese Härte ertragen oder anderswo Sicherheit suchen. Aber niemand hat das Recht, uns diese Entscheidungen vorzuschreiben. Der Druck, der auf uns lastet, ist immens, und unsere Entscheidungen werden von unserem Überlebensinstinkt bestimmt. Wir sind nur Menschen, die versuchen, in einer Welt zu überleben, die uns oft feindlich gesinnt ist.
Ausländische Besucher:innen fragen mich oft: „Wie ist dein Leben als Frau hier in Palästina? Gehst du ins Fitnessstudio, machst du Spaziergänge oder besuchst du Cafés?“ Ich weiß, woher diese Frage kommt: aus dem Klischee der unterdrückten palästinensischen oder arabischen Frau. Ich versuche immer, aus einer Haltung der Liebe heraus zu antworten, um dieses Missverständnis herauszufordern. Ja, wir Palästinenser:innen haben unsere Probleme, wie jede Gemeinschaft auf der Welt. Und ja, wir arbeiten daran, auch in der Realität der Besatzung. Aber wir müssen die Besatzung beenden, um eine gesündere Befreiungsbewegung zu schaffen, besonders für Frauen. Erst dann können wir uns darauf konzentrieren, unsere Rechte und Freiheiten einzufordern. Wenn wir für die Freiheit kämpfen, dann kämpfen wir für alle Palästinenser:innen gegen dieses unterdrückende Regime. Die Befreiung ist ein wichtiger erster Schritt.
Eine andere Frage, die mir oft gestellt wird, lautet: „Siehst du dich dein ganzes Leben hier leben?“ Ich antworte immer ehrlich: Ja, das will ich. Ich liebe meine Heimat, meine Kultur, meine Traditionen und meine Menschen. Aber ich möchte auch eine sichere Zukunft für mich und meine Lieben. Es ist herzzerreißend, an einem Ort, den man Heimat nennt und zu dem man gehören möchte, Angst vor der Zukunft zu haben, weil man ständig an die Unsicherheit erinnert wird, die einen umgibt.
Wir bitten nicht um Mitleid, wir bitten um die Anerkennung unserer Menschlichkeit. Die Welt muss unsere Kämpfe sehen und verstehen, dass es dabei nicht nur um Land oder Souveränität geht. Es geht um das Recht, als Menschen zu existieren, ohne Angst zu leben und von einer besseren Zukunft zu träumen.
Die Transparente, die Checkpoints und die Abrisse sollen uns die Hoffnung nehmen. Aber wir halten an der Hoffnung fest, denn sie ist alles, was wir haben. Wir träumen von einem Tag, an dem Palästina nicht mehr mit Kampf und Verzweiflung gleichgesetzt wird, von einem Tag, an dem wir frei und friedlich leben können wie alle anderen auch. Bis dahin werden wir weiter ausharren, Widerstand leisten und für eine Zukunft kämpfen, die so fern erscheint, aber die es wert ist, angestrebt zu werden.
Von T J
17. Januar 2025
Ursprünglich veröffentlicht auf Community Peacemaker Teams.
Automatische Übersetzung. Das Original in englischer Sprache mit dem Titel „There is no Future in Palestine“ findet sich auf: cpt.org.
Mehr über die Arbeit von Community Peacemaker Teams in Palästina findet man hier: cpt.org/programs/palestine