Hirtenbrief zum Krieg in Westasien. Mennonitische Weltkonferenz
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Weltkonferenz mahnt zu Frieden in Vorderasien
Liebe Schwestern und Brüder,
Die Eskalation des Krieges in Westasien (Nahen Osten) erfüllt unsere weltweite täuferische Familie mit Furcht und Trauer. Für manche ist dies eine neue Realität, für andere kommt sie zu Jahren, ja Jahrzehnten von Gewalt hinzu, die aus lokalen Konflikten und internationalen Interessen herrührt. Wir sehen alle, die unter den Machenschaften der Mächtigen zerrieben werden; wir trauern mit ihnen und bitten Gott um seine barmherzige Nähe. Jede Rechtfertigung von Krieg als Teil von Gottes Willen verurteilen wir aufs Schärfste.
Wir lassen auf unsere Gebete Taten folgen – und begreifen zugleich jede Tat selbst als Gebet.
Unsere Loyalität gilt nicht Präsidenten oder Königen, sondern dem Friedensfürsten. Als Glieder einer Historischen Friedenskirche – einer Kirche also, die sich dem Weg des Friedens verschrieben hat – folgen wir Jesus, dem Friedensfürsten, der uns zu radikaler Feindesliebe ruft.
- Diese Liebe lehrt uns, in jedem Menschen, gleich ob Freund oder Feind, die Gegenwart Gottes wahrzunehmen.
- Diese Liebe gibt uns den Mut, nach Gerechtigkeit zu streben.
- Diese Liebe ruft uns dazu auf, heile Beziehungen zu pflegen – im persönlichen Miteinander, zwischen Organisationen, unter Staaten und Völkern sowie mit der gesamten Schöpfung, die alle unter Konflikten leiden.
Die Kraft der Liebe Christi führt uns nicht zu einem Stolz, der Nationen oder ideologische Reinheit verteidigt, sondern zu Mitgefühl mit allen Leidenden – unabhängig von nationaler Zugehörigkeit oder politischer Haltung.
Jesu Lehre erinnert uns daran, daß nicht der andere Mensch unser Feind ist, sondern unser eigener Hang, Mauern zu errichten und der Feindschaft zu verfallen. Wir bitten Gott, unsere Feindesliebe mit seiner verwandelnden Kraft zu durchdringen, damit die Spiralen der Gewalt zerbrechen, die Spaltung, Unterdrückung und Tod hervorbringen.
Gerechtigkeit muß mit Frieden einhergehen; Frieden kann nur dort bestehen, wo Gerechtigkeit – restaurativ, wahrheitssuchend und auf Wiedergutmachung ausgerichtet – Gestalt annimmt. Wir bekennen unser Versagen, einen gerechten Frieden zu suchen. Wir bitten den Heiligen Geist, uns Demut zu lehren und uns mit Mut zur Liebe auszurüsten. Wir bitten um Weisheit, Wahrheit mit prophetischer Klarheit und selbsthingebender Liebe zu erkennen und auszusprechen. Wir bitten um Mut, Unrecht entgegenzutreten, auch wenn uns das selbst in Gefahr bringt.
Wir sind entschlossen, unsere Stimme sowohl gegenüber Regierungen als auch gegenüber Mitbürger:innen zu erheben und jede unkritische Unterstützung jener Mächte zu hinterfragen, die immer neue Gewalt und Leid erzeugen.
Als weltweite Täuferische Gemeinschaft entsagen wir der Gewalt – wie Jesus es tat. Wir verpflichten uns – als Nachfolger Jesu – dazu, ungerechte Systeme durch aktive Gewaltfreiheit zu verändern. Wir fordern alle Staaten auf, ihre Mittel nicht länger in den Krieg zu stecken, sondern in die langwierige, aber notwendige Suche nach friedlichen Lösungen zu investieren – nach einem Frieden, der nicht durch Gewehre, Raketen oder Gewalt entsteht, damit sich alle Menschen entfalten können.
Unsere Worte mögen klein und unzureichend wirken angesichts der Krise, doch wir bekräftigen unsere Gemeinsame Überzeugungen (Shared Conviction) der mennonitischen Weltkonferenz.
Herr, in deiner Barmherzigkeit, erhöre unser Gebet.
Im Namen Jesu, des Friedensfürsten. Amen.
Henk Stenvers
president der Mennonite World Conference
25. Juni 2025
Die Originalfassung des Briefes in englischer Sprache ist auf den Seiten der Mennonitischen Weltkonferenz zu finden.