Von Gott ins Leben gerufen
Erstellt am:
Ein paar flüchtige Gedanken zum Wochenstart zu 2. Korinther 5,14–16.
Die Kapitel 1 bis 9 des 2. Korintherbriefs weisen in Sprache und theologischer Argumentation eine ausgeprägte paulinische Handschrift auf. Dennoch dürfte die heutige Fassung des 2. Korintherbriefs nicht in allen Teilen der ursprünglichen Gestalt entsprechen. Vieles spricht dafür, dass ein späterer Redaktor mehrere an die Gemeinde in Korinth gerichtete Schreiben zu einer einheitlichen Komposition verband.
Denn die Liebe Christi lässt uns keine Ruh: Wir sind zur Einsicht gekommen, dass einer aus Liebe zu allen den Weg bis zum Tod gegangen ist. So sind auch wir diesem alten, von gewaltgeprägten Leben gestorben, befreit zu einem neuen Leben. Er ging diesen Weg, – auf dem Gott ihn bestätigte indem er ihn ins Leben gerufen hat–, zugunsten aller, damit die Lebenden nicht länger um sich selbst kreisen, sondern sich diesem Weg verschreiben. Darum beurteilen wir niemanden mehr nach den Maßstäben der alten Welt, in der Menschen nach Macht, Herkunft oder Ansehen eingestuft werden. Für uns hat jeder Mensch die gleiche, von Gott gegebene Würde.
— 2 Korinther 5,14–16, Kontextüberstzung
- Politische Realität in Korinth
Korinth war eine römische Kolonie mit starker Militärpräsenz und wurde von der Machtlogik Roms geprägt: Ordnung wurde durch militärische Gewalt, Einschüchterung und öffentliche Hinrichtungen aufrechterhalten. Die Kreuzigung ein gezieltes politisches Terrorinstrument: Sie sollte Aufständische und Nonkonformist:innen abschrecken. - Jesu Tod als Gewaltkritik
Im gewaltfreien Verständnis wurde Jesus nicht „von Gott geopfert“, sondern vom römischen Staat hingerichtet, weil er einen Weg lehrt, der die imperiale Machtlogik durch radikale Liebe durchbricht. „Für uns gestorben“ bedeutet, dass er dem Weg der Gewaltfreiheit treu blieb – auch angesichts tödlicher Bedrohung – und damit zeigte, dass das Reich Gottes nicht durch Macht, sondern durch Hingabe an Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit und Leben kommt. - Die Bedeutung von „alle sind mitgestorben“
Paulus Bildsprache meint: Wer sich an Jesus bindet und so lebt, wie er geglaubt und gelebt hat, verabschiedet sich vom alten Muster der Selbstbehauptung durch Gewalt oder Ausgrenzung. „Mitgestorben“ bedeutet, dass man nicht mehr an den Gewaltstrukturen der alten Welt teilnimmt. - Konsequenz für die Gemeinde
In Korinth gab es Konflikte über Status, Zugehörigkeit und Macht. Paulus ruft zu einer neuen Sichtweise auf: Menschen sollten nicht mehr nach der römischen Ehre-Schande-Logik bewertet werden, sondern nach der gewaltfreien Wirklichkeit, die Jesu vorgelebt hat: Solidarität, Barmherzigkeit und Gleichwertigkeit – Agape.