Wie man ein Internierungslager baut

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Ein neuer Bericht von CPT Aegean Migrant Solidarity liefert eine detaillierte Analyse von Bau und Betrieb des neuen abgeriegelten, streng kontrollierten Aufnahmezentrums in Vastria auf Lesvos.
CPT steht für Community Peacemaker Teams  – eine multireligiöse Freiwilligenorganisation, die gemeinsam mit lokalen Friedensinitiativen durch gewaltfreie Aktionen gefährdete Menschen schützt und ihre Stimmen stärkt. Ausgehend von der Überzeugung, daß Gewalt in systemischer Unterdrückung wurzelt, bietet CPT mit partnerschaftlicher Präsenz, kreativem Protest und Menschenrechtsbegleitung eine organisierte, nicht-militärische Alternative zum Krieg.

Internierungslager Vastria auf Lesbos
Internierungslager Vastria auf Lesbos. Closed Controlled Access Center (CCAC)

Nach dem verheerenden Brand und der Schließung des Lagers Moria im September 2020 – einst ein schonungsloses Sinnbild für Europas versagen, menschenwürdig auf Migration zu reagieren – lenkte die griechische Regierung mit kräftiger Rückendeckung der EU-Kommission auf einen rigideren Kurs ein. Integration rückte in den Hintergrund, Abschottung wurde zur Devise; Fürsorge wich Überwachung, öffentliche Kontrolle versteckt sich hinter dicken Mauern.

Der Bericht „How to Build a Detention Centre: The Case of Vastria in Lesvos“ (Wie man ein Internierungslager baut: Das Beispiel Vastria auf Lesbos) zeigt: Das kurz vor der Fertigstellung stehende CCAC Vastria ist das konkrete Resultat dieses Paradigmenwechsels. Bis zu 5000 Menschen – Familien, unbegleitete Minderjährige, besonders Schutzbedürftige – sollen dort festgehalten werden. In einem einsamen, streng gesicherten Areal werden sämtliche Asyl- und Abschiebeverfahren gebündelt. Vastria ist keine Anlauf- oder Übergangsstation, sondern ein Ort langfristiger Freiheitsentziehung für Menschen, die kein Verbrechen begangen haben.

Dieses menschenverachtende Modell entspricht dem Europäischen Migrations- und Asylpakt von: beschleunigte Grenzverfahren, ausgedünnte Rechtsgarantien, Haft als Regelfall. Entscheidungen über Schutz werden im Schnellgang gefällt, Rückführungen effizienter organisiert. Die Grenze mutiert vom Tor zur Festung – einem Raum, der nicht willkommen heißt, sondern aussperrt.

Unsere Recherchen zeigen, daß der Bau in Vastria trotz gravierender rechtlicher, ökologischer und sozialer Einwände ungebremst voranschritt. Über vier Jahre hinweg hebelte das griechische Migrationsministerium Umweltauflagen aus, ignorierte den Protest der Anrainer:innen und umging Gerichtsurteile durch kleinteilige Gesetzesänderungen und technische Nachbesserungen. Tauchte ein Hindernis auf, wurde der Plan kurzerhand angepaßt – die Fassade der Legalität blieb gewahrt, wirksame Kontrolle jedoch ausgehebelt.

Brisant ist auch der Standort: mitten im größten Kiefernwald der Insel, einem Gebiet, das jeden Sommer brandgefährdet ist. Eine vorgeschriebene Evakuierungsstraße existiert nur auf dem Papier; ihre endgültige Trasse bleibt ungeklärt. Damit setzt man Tausende künftige Insass:innen wie Mitarbeitende einem lebensbedrohlichen Risiko aus.

Die Entschlossenheit der Regierung, Vastria um jeden Preis fertigzustellen, beruht nicht nur auf der vollständigen EU-Finanzierung; sie ist Teil einer politischen Strategie, die die Internierung Geflüchteter als sichtbaren Akt staatlicher Kontrolle inszeniert. Die sozialen, ökologischen und ethischen Kosten sind jedoch hoch – sie tragen sowohl die Asylsuchenden als auch die Aufnahmegemeinden.

Hier geht es um weit mehr als die Eröffnung eines einzelnen Lagers. Vastria steht für die zementierte Logik eines Systems, das Flucht als Sicherheitsbedrohung brandmarkt, Menschen auf unbestimmte Zeit wegsperrt, deren Rechte systematisch mißachtet und die Außengrenze zu einer Zone von Strafe, Abschottung und Internierung macht.

Community Peacemaker Teams warnen deshalb eindringlich: Lager wie Vastria sind keine neutralen Verwaltungsbauten, sondern Werkzeuge der Ausgrenzung und Menschenverachtung. In einer Welt, in der Vertreibung alltäglich geworden ist, dürfen wir uns nicht mit Modellen zufriedengeben, die Einsperren über Teilhabe stellen. Nötig sind Systeme, die Würde, Gerechtigkeit und Menschenrechte für alle hochhalten – jetzt und nicht erst morgen.

Quelle: CPT Aegean Migrant Solidarity, 16. Juli 2025
Der Text wurde maschinell ins Deutsche übersetzt; das Original in englischer Sprache befindet sich auf der Website des CPT:

https://cpt.org/2025/07/16/how-to-build-a-detention-centre

Der Report »How to Build a Detention Centre« sowie eine Zusammenfassung desselben können auf der Netzseite von CPT-Teams in englischer und griechischer Sprache heruntergeladen werden.

 


Unabhängig vom obigen Artikel lohnt sich ein Blick auf Täter:innen

Dies mit Verweis auf aktuelle Pressemitteilungen von Pro Asyl und dem Bayerischer Flüchtlingsrat.

Dobrindt muss Grundrechte achten und das Asylrecht schützen

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat für Freitag den 18. Juni 2025 seine Amtskolleginnen und Amtskollegen aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark und Tschechien sowie EU-Kommissar Magnus Brunner auf die Zugspitze eingeladen. PRO ASYL, LeaveNoOneBehind und der Bayerische Flüchtlingsrat warnen: Der höchste Punkt Deutschlands darf nicht zum moralischen Tiefpunkt der Nation werden. Menschenrechte gelten überall, auch auf 2.962 Metern!

Bundesinnenminister Dobrindt will bei dem Treffen „gemeinsame Impulse für eine härtere europäische Migrationspolitik” sammeln. Dabei könnten unter anderem Pläne zur Auslagerung von Asylverfahren und die Abschaffung des sogenannten Verbindungskriteriums bei „sicheren Drittstaaten” eine Rolle spielen. Es droht ein Gipfel der Abschottung.

https://www.proasyl.de/pressemitteilung/dobrindt-muss-grundrechte-achten-und-das-asylrecht-schuetzen-pro-asyl-leavenoonebehind-und-der-bayerische-fluechtlingsrat-warnen-vor-einem-gipfel-der-abschottung/

Innenminister:innenkonferenz: Mit Anlauf nach rechts

Während weltweit mit über 122 Millionen mehr Menschen auf der Flucht sind als je zuvor[1], treiben die Innenminister:innen aus Bund und Ländern die Abschottung Europas und die systematische Entrechtung von Geflüchteten weiter voran. Gerichtliche Entscheidungen zur Rechtswidrigkeit von Zurückweisungen an den Grenzen oder von Leistungsstreichungen werden vorsätzlich missachtet, der Rechtsstaat wird kalkuliert demontiert. Gleichzeitig ist die Zivilgesellschaft, u.a. Menschen, die Schutzsuchende unterstützen, unterschiedlichen Angriffen von politischer Seite ausgesetzt.

https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/innenministerinnenkonferenz-mit-anlauf-nach-rechts/

Krimineller Innenminister? Dobrindt muss gehen!

Bayerischer Flüchtlingsrat fordert sofortigen Stopp illegaler Zurückweisungen an den deutschen Grenzen und den Rücktritt des Bundesinnenministers
Am Montag hat das Verwaltungsgericht Berlin in mehreren Eilverfahren die Zurückweisung somalischer Geflüchteter an der deutsch-polnischen Grenze als rechtswidrig eingestuft. In einem Fall betraf dies eine 16-Jährige schwer verletzte Jugendliche aus Somalia. Auch zwei weitere somalische Schutzsuchende, die einer verfolgten Minderheit angehören, erhielten vor dem Gericht Recht. Diese Entscheidungen unterstreichen die Rechtswidrigkeit staatlicher Zurückweisungen und betonen den Schutzanspruch besonders vulnerabler Gruppen.

https://www.fluechtlingsrat-bayern.de/krimineller-innenminister-dobrindt-muss-gehen/

PRO ASYL: Abschiebeflug nach Afghanistan verstößt gegen das Völkerrecht!

Laut Medienberichten startet heute am 18.07.2025 ein Flugzeug vom Flughafen Leipzig, um Afghanen nach Afghanistan abzuschieben. Das ist der zweite deutsche Abschiebungsflieger seit der Machtübernahme der Taliban.

“Abschiebungen nach Afghanistan sind ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht, denn die Taliban herrschen dort mit brutaler Gewalt wie Auspeitschungen und Hinrichtungen für Verstöße gegen ihre Sittenregeln. Zudem ist auch die humanitäre Situation in dem Land katastrophal. Die Europäische Menschenrechtskonvention verbietet Abschiebungen, wenn Folter oder unmenschliche Behandlung drohen. Das ist in Afghanistan der Fall“, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.

https://www.proasyl.de/pressemitteilung/pro-asyl-abschiebeflug-nach-afghanistan-verstoesst-gegen-das-voelkerrecht/

Wer Flüchtlingsrechte verteidigt, verteidigt die Demokratie

Pro Aysl am 20.06.2025

Anlässlich des Weltflüchtlingstags warnt PRO ASYL eindringlich vor einem besorgniserregenden Kurs in der deutschen und europäischen Flüchtlingspolitik. Rechtsstaatliche Prinzipien und Menschenrechtsstandards geraten zunehmend unter Druck. Geltendes Recht wird verdrängt und verletzt – auf Kosten von Menschen, die Schutz suchen.

Derzeit erleben wir dramatische Verschiebungen in Europa: Menschenrechte werden ausgehöhlt, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention infrage gestellt, humanitäre und menschenwürdige Standards herabgesetzt.

Die neue Bundesregierung setzt verstärkt auf Abschottung und Abschreckung – selbst dann, wenn diese Maßnahmen rechtswidrig sind. Wird eine solche Praxis von Gerichten gestoppt, folgen häufig politische und mediale Angriffe – und zwar gegen jene, die sich für die Einhaltung des Rechts einsetzen. So geschehen im Fall des Berliner Verwaltungsgerichtsbeschlusses vom 2. Juni 2025: Noch am selben Tag erklärten führende Politiker:innen, man werde die Praxis der Zurückweisungen von Asylsuchenden trotz der gegenteiligen richterlichen Entscheidung fortsetzen.

Flüchtlingsrechte sind Grundrechte

Wer die Rechte von Schutzsuchenden schwächt oder aufgibt, gefährdet die Integrität unseres Rechtsstaats. Demokratische Institutionen leben vom Respekt gegenüber geltendem Recht und unabhängigen Gerichten. Rechtlicher Beistand und humanitäres Engagement sind Ausdruck gelebter Solidarität und unverzichtbar für eine funktionierende Demokratie.

„Wer die Menschenwürde von Minderheiten verletzt und ihre Rechte preisgibt, untergräbt den Kern unseres demokratischen Zusammenlebens. Was heute Schutzsuchende trifft, kann morgen andere gesellschaftliche Gruppen betreffen“, so Karl Kopp, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Erinnerung an die historische Verantwortung

80 Jahre nach Kriegsende, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, mahnt PRO ASYL: Der internationale Flüchtlingsschutz ist eine Lehre aus den Verbrechen der Vergangenheit. Er steht für die Verpflichtung, Menschenrechte universell zu wahren. Wer diesen Schutz heute infrage stellt, verliert nicht nur den moralischen, sondern auch den rechtlichen Kompass Europas.