133 Menschenleben gerettet, von Sea-Eye-Rettungsschiff ALAN KURDI

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Sea-Eye-Rettungsschiff ALAN KURDI rettet 133 Menschenleben

Am Samstagmittag hat die Crew der ALAN KURDI innerhalb von 12 Stunden 133 Menschen aus drei verschiedenen Booten.

Zunächst sichtete die Wache um 11.45 Uhr ein überladenes Schlauchboot mit 90 Menschen. Kapitän Joachim Ebeling informierte umgehend die deutschen und die libyschen Behörden. Die Menschen auf dem Schlauchboot berichteten über weitere Boote mit Menschen, die aus Libyen geflohen seien. Tatsächlich sichtete die Wache unmittelbar nach der ersten Rettung ein kleineres überladenes Fischerboot mit 24 Menschen, die um Hilfe riefen.  „Auf beiden Booten gab es kein Satellitentelefon, sodass die Menschen niemals Hilfe hätten rufen können. Sie wären nirgends angekommen“, sagt Kai Echelmeyer, Menschenrechtsbeobachter an Bord der ALAN KURDI. Alle 114 Personen, darunter acht Frauen und acht Kinder, befinden sich nun auf der ALAN KURDI. Auf der Krankenstation werden in diesen Stunden vier Personen versorgt. Darunter eine schwangere Frau und ein Mann mit schweren Kreislaufbeschwerden. Eine weitere Frau und ein Mann werden mit Schnittwunden behandelt. „Aus Angst davor, von libyschen Milizen zurückverschleppt zu werden, hatten diese Menschen keinen Notruf abgesetzt. Damit gingen sie ein sehr hohes Risiko ein und hatten unwahrscheinliches Glück, dass die Wache sie mit dem Fernglas sehen konnte“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e. V.

Nach Einbruch der Nacht fand die Crew ein weiteres Holzboot mit 19 Menschen, deren Notruf von AlarmPhone an die Behörden und die ALAN KURDI weitergeleitet worden war. 18 Personen sind libysche Staatsbürger*innen. Auf die schriftlichen Anfragen des Kapitäns des Sea-Eye-Schiffes reagierten weder die zuständigen libyschen Behörden noch die Rettungsleitstellen in Rom, Valletta oder Bremen.

Sogenannte libysche Küstenwache ebenfalls in Seenotfälle verwickelt

Kurze Zeit nach dem zweiten Rettungseinsatz näherte sich die sogenannte libysche Küstenwache mit hoher Geschwindigkeit. Das libysche Patrouillenboot war jedoch selbst in einen Seenotfall verwickelt und war dadurch völlig überladen. Die Libyer kontaktierten die ALAN KURDI nicht, nahmen sich das leere Fischerboot und drehten Richtung Libyen ab. Weder die libyschen Behörden, noch die europäischen Rettungsleitstellen reagierten telefonisch oder per E-Mail auf die Notfallmeldungen der ALAN KURDI. „Inzwischen hat man jede Kommunikation mit Hilfsorganisationen eingestellt und in Europa sieht sich niemand mehr für diese Menschen zuständig. Sie werden den Libyern oder dem Meer ausgeliefert. Doch sie sind jetzt auf einem deutschen Schiff und werden endlich wieder wie Menschen behandelt“, sagt Jan Ribbeck aus der Einsatzleitung von Sea-Eye.

Viele Kinder wurden gerettet, 62 Personen sind minderjährig.

62 Personen der geretteten Menschen geben an minderjährig zu sein. Es sind mehrere Familien und eine schwangere Frau an Bord. Das jüngste Kind ist noch ein Baby und laut der libyschen Mutter erst fünf Monate alt. „Die Familien und die Kinder sind besonders schutzbedürftig. Die ALAN KURDI erreichte inzwischen Lampedusa. Dort haben wir Italien um einen sicheren Hafen gebeten und baten darum, wenigstens die Familien und die Minderjährigen unverzüglich zu evakuieren“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye. Sea-Eye befürchtet eine weitere Blockade, denn zuvor wurde das spanische Rettungsschiff OPEN ARMS mehr als sieben Tage mit rund 270 Menschen blockiert. „Die italienischen Behörden unterstützen zivile Seenotretter*innen nur noch sehr zögerlich und halten unsere Schiffe lieber über Wochen in ihren Häfen fest. Man scheint dort keine Skrupel zu haben, die geretteten Menschen und die Besatzungen durch Blockaden in Gefahr zu bringen, um anschließend auf eine durchschaubare Weise zu argumentieren, dass die Schiffe für genau diese Situationen nicht geeignet seien“, sagt Isler weiter.

Gerettete Menschen aus 15 verschiedenen Ländern

Die geretteten Menschen an Bord der ALAN KURDI stammen aus 15 verschiedenen Nationen. Sie flohen beispielsweise aus dem Sudan, Nigeria und Mali, aber auch aus Ägypten, Bangladesch, dem Jemen und aus Libyen. „Das Bürgerkriegsland Libyen zerfällt zusehends. Wie kann ein solches Land von europäischen Staaten als sicherer Ort angesehen werden, wenn selbst libysche Familien von dort fliehen?“, fragt Isler.

Gerettete Menschen sprechen über Fluchtgründe

Menschrechtsbeobachter Kai Echelmeyer sprach mit den geretteten Menschen an Bord der ALAN KURDI über ihre Fluchtgründe.

The government removed me from my home. Some milices catched me in Libya and I had to pay so that they don't kill me. I had to flee to survive

– sagte ein 28 Jahre alter Mann aus Ägypten

There is war in my country. Sunna are being persecuted. I had to flee because they wanted to kill me

– sagte ein 29 Jahre alter Mann aus dem Jemen

The war in Libya destroyed my house and left my family and me without nothing. I spent all I had for a surgery which my son needed but he still needs urgent help which I cannot get in Libya. I never imagined to leave my country like this but there was no other way to protect my family

– sagte eine 45 Jahre alte Frau aus Libyen

Quelle: Pressemitteilung sea-eye.org
Photo: Joris Grahl / sea-eye.org