Begegnung mit dem Auferstandenen

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Seit die menschliche Vernunft in der Philosophie der Aufklärung zentral geworden ist, streiten Christen um die Auferstehung Christi. Ist er leiblich auferstanden? (Nur) in den Köpfen und Herzen seiner Jünger? Ging (nur) seine Bewegung weiter? Der Zweifel ist laut dem Philosophen René Descartes (1596-1650) ja Urgrund der Erkenntnis. Die Anhänger der „leiblichen“ Auferstehung versehen die anderen Anschauungen meist mit einem „nur“.

Doch nicht erst seit dem 17. Jahrhundert, schon in den Berichten der Evangelien tauchen solche Zweifel auf. Das Lukasevangelium berichtet, wie die Frauen als erste dem Auferstandenen begegnen und wie sie den Aposteln davon berichten. In der alten Lutherübersetzung von 1912 heißt es so schön: „Und es deuchten sie ihre Worte eben, als wären’s Märlein, und sie glaubten ihnen nicht.“ Lk 24, 11. Die BasisBibel schreibt 2012: „Die Apostel hielten ihren Bericht für reine Erfindung und glaubten ihnen nicht.“ Petrus muss das leere Grab erst selbst sehen. Und dann erscheint Jesus zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Dann dem Jüngerkreis in Jerusalem. Das Johannesevangelium berichtet auch von der Begegnung Jesu mit Thomas. Der war gar nicht besonders ungläubig, die anderen waren Jesus nur schon vor ihm begegnet.

Das scheint mir das Entscheidende zu sein: Die Begegnung mit dem lebendigen auferstandenen Christus. Der Auferstandene erscheint plötzlich. Er geht durch Wände und verschlossene Türen. Was wir mit unseren trägen Körpern nicht können. Der Auferstandene scheint in einer anderen Seinsweise unterwegs zu sein. Jederzeit und überall kann er den Jüngern und Jüngerinnen begegnen. Er erscheint befreit von den Beschränkungen der Leiblichkeit und der Materie. Entscheidend ist die Begegnung. Wo der von Gott Auferweckte Menschen begegnet, werden auch sie lebendig. Sie stehen auf aus verfahrenen Situationen, erfahren neues Leben aus Todesnächten. Gottes lebenspendende Kraft kommt in unsere Welt. Sie sprengt unsere Gewissheiten, unsere Zweifel. Sie funktioniert nicht nach unseren Regeln.

So können wir miteinander unterwegs sein als sein Leib, zweifelnd oder gewiss. Dazu braucht es die Begegnung mit ihm.

Seien wir mutig, machen wir uns bereit zur Begegnung mit dem Auferstandenen.

Schalom! Friede sei mit euch und die Kraft seiner Auferstehung!

Noch eine gesegnete Passions- und Osterzeit wünscht

Wolfgang