Spaltung. Krieg. Gewaltfreiheit.
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Im Angesicht der verheerenden Auswirkungen des Ukrainekriegs fordert das europäische Netzwerk church and peace in seiner diesjährigen Konferenz dazu auf, alles zu unternehmen, damit schnell ein Waffenstillstand erreicht wird und diplomatische Verhandlungen beginnen können.
Blick auf die internationale Konferenz und Mitgliederversammlung von church and peace vom 20. - 23. Oktober 2022 in Crikvenica, Kroatien
church and peace e. V. ist der ökumenische Zusammenschluß von Friedenskirchen und friedenskirchlich orientierten Gemeinden, Kommunitäten und Friedensorganisationen in Europa.
Die Konferenz in Kroatien stand unter der Überschrift »Spaltung. Krieg. Gewaltfreiheit.« und war war für church and peace eine Chance, von den Friedensstifterinnen und Friedensstifter in der Region Westbalkan/ Südosteuropa zu lernen. Sie alle, ob Christen und Christinnen oder Muslime und Musliminnen, haben Erfahrungen mit gewaltfreiem Handeln im Krieg sowie in der Versöhnungsarbeit der Nachkriegszeit, die auch 25 Jahre danach noch immer notwendig ist, um einen nächsten Krieg zu verhindern.
Eindrücklich war ihre Feststellung:
Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus dem Auge deiner Schwester oder deines Bruders ziehen.
„Wenn man den Krieg vom Anfang her anschaut, scheint militärischer Widerstand plausibel, scheint er eine mögliche Lösung. Wenn man ihn vom Ende her anschaut, ist die ‚militärische Lösung‘ eine Katastrophe. Wir haben wahrhaftig Erfahrungen damit, was Krieg bedeutet.“
Eindrücklich war ebenso die Erfahrung der Friedensstifterinnen und Friedensstifter, welch zentrale Bedeutung der Zugang zu Wissen hat, sowohl über alternative Informationsquellen als auch über gewaltfreie Widerstandsformen wie zivilen Ungehorsam.
Die mehr als 100 Teilnehmenden aus 13 europäischen und 4 außereuropäischen Ländern [1] teilten die Erfahrungen von schärfer werdenden Auseinandersetzungen und Spaltungen in Bezug auf Klimakrise, Flüchtlingssituation, Pandemien, Auseinanderdriften von Armut und Reichtum sowie die Konsequenzen aus dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.
„Wir müssen den Balken im eigenen Auge sehen und damit unseren Anteil an und unsere Verantwortung für diese Krisen übernehmen, um glaubwürdig und klarsichtig zu sein und die richtigen Schritte zu tun.“ so Antje Heider-Rottwilm, Vorsitzende von church and peace.
Die Teilnehmenden stellten fest:
- Wir sind unglaubwürdig, wenn wir uns immer noch drücken vor Selbstbegrenzung und dem Teilen von Ressourcen, und damit die globale Spaltung und die Klimakrise eskalieren.
Und wir sind unglaubwürdig in Bezug auf die ‚westlichen‘ Werte wie Menschenrechte und Solidarität, wenn wir nicht Geflüchtete und Kriegsdienstverweigerer aufnehmen und ihnen sichere Räume bieten. - Wir sind unglaubwürdig, wenn wir – trotz allen Entsetzens angesichts der Brutalität im Ukrainekieg – nicht weiterhin für eine Grundvoraussetzung aller Konflikttransformation eintreten: die jeweils andere Seite mit ihrer Geschichte und ihren Interessen wahrnehmen sowie ihre Verstrickung mit globalen Machtinteressen.
Die Konferenz unterstrich, daß der Krieg in der Ukraine nicht als Beweis für die Unwirksamkeit von Gewaltfreiheit herhalten kann, denn eine konsequent gewaltfreie ‚westliche‘ Sicherheitspolitik wurde bisher nicht entwickelt.
Sie schloß sich dem Votum der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe an: „Als Antwort auf wachsende Militarisierung, Konfrontation und Proliferation von Waffen rufen wir die Regierungen Europas und der gesamten internationalen Gemeinschaft zu viel größeren Investitionen in die Suche nach und Förderung von Frieden sowie zur Stärkung von Maßnahmen zur friedlichen Konfliktbewältigung, zivilen Konflikttransformation und Versöhnungsprozessen, anstatt in die Ausweitung von Konfrontation und Teilung auf… [2]
Wir erkennen an, daß es im Krieg keine ‚Gewinner‘ gibt und daß niemand jemals auf Krieg zurückgreifen sollte.“
church and peace insistiert darauf, das Vertrauen in zivile Konflikttransformation und politische Lösungen nicht zu diskreditieren und hält statt dessen an der gewaltfreien Vision des Evangeliums fest – auch und gerade in Zeiten des Krieges.
Zugleich geht es aber auch darum, die Entscheidungen der Menschen in der Ukraine und anderen Konfliktgebieten zu respektieren und dennoch diese Vision einer gewaltfreien Alter- native offenzuhalten.
Die Bibel berichtet, daß Noah die Taube ausschickte und sie erst beim zweiten Mal zurückkam mit einem Olivenzweig, dem Hoffnungszeichen für einen Neubeginn.
Noch bringt die Taube keinen Olivenzweig!
Wir hoffen, beten und lassen uns nicht entmutigen im Vertrauen auf den Gott des Friedens.
[1]
Aus Ägypten, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Kroatien, Litauen, Niederlande, Nord-Mazedonien, Schweden, Schweiz, Serbien, Togo, USA
[2]
https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/war-in-ukraine-peace-and-justice-in-the-european-region
Quelle: Pressemitteilung von church-and-peace.org vom 27.10.22