Vision einer gerechten und gewaltfreien Welt wachhalten

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Ermutigt durch Pfingsten

Bei der ›church and peace‹ Vorstandandstagung vor wenigen Tagen in den Räumlichkeiten der Mennonitengemeinde Frankfurt am Main hat der Vorstand von ›church and peace‹ mit Enttäuschung zur Kenntnis genommen, dass der G7-Gipfel in Hiroshima die Chance vertan hat, an diesem historischen Ort entschieden für atomare Abrüstung einzutreten.

Vision einer gerechten und gewaltfreien Welt wachhalten

Vision einer gerechten und gewaltfreien Welt wachhalten

›church and peace‹ hatte im Vorfeld zusammen mit anderen Unterstützer:innen der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Scholz gefordert, den G7-Gipfel zum Ausgangspunkt neuer nuklearer Abrüstungsverhandlungen zu machen, einschließlich der Forderung, alle Stationierungen auf dem Territorium anderer Staaten zu beenden.

Wie dringlich eine solche Initiative ist, zeigen die aktuellen Pläne zur Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus.

Mit dem Beschluß des G7-Gipfels, Kampfflugzeuge an die Ukraine zu liefern, ist zudem die Gefahr einer weiteren Eskalation bis hin zum Einsatz von Atomwaffen im Krieg gegen die Ukraine gestiegen.

Der brutale und völkerrechtswidrige Angriff Rußlands auf die Ukraine ist durch nichts zu rechtfertigen. Wir sind zutiefst besorgt, daß es bis heute keine erkennbaren Bemühungen um Verhandlungen gibt und statt dessen alle Seiten auf militärische Lösungen setzen. Auch mit Blick auf den Konflikt zwischen China und Taiwan ist die Suche nach nichtmilitärischen Lösungen überlebenswichtig.

Statt dessen erleben wir in ganz Europa, daß Menschen, die nicht auf militärische Lösungen setzen und Verhandlungen fordern, um Tod und Zerstörung zu verhindern, diskreditiert und lächerlich gemacht werden.

Mitglieder von ›church and peace‹ in Südosteuropa zeigen uns, was es bedeutet, mit der Erinnerung an einen Krieg zu leben, auch 30 Jahre danach: Traumatische Leiden aus den Kriegsjahren brechen wieder auf, etwa die Erfahrung, willkürlich ausgeliefert zu sein. Fake News verunsichern und schränken die Handlungsfähigkeit ein. Die Bewaffnung im privaten Bereich ist, wie aktuell in Serbien deutlich wird, dramatisch und damit auch die Gewalt in Gesellschaft und Familie, insbesondere gegen Frauen.

Das Pfingstfest hat uns erinnert an die prophetische Verheißung:

Sein wird's in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich von meiner Geistkraft ausgießen auf alle Welt, daß eure Söhne und eure Töchter prophetisch reden, eure jungen Leute Visionen schauen und eure Alten Träume träumen.“ (Apostelgeschichte 2,17)
An Pfingsten vergewissern wir uns, daß die Prophetie damals geschah und heute geschieht, daß Visionen und Träume Wirklichkeit wurden und werden. Das bedeutet:

  • statt Hoffnungs- und Mutlosigkeit eine Kultur des Lebens und der Erneuerung,

  • statt babylonischer Sprachverwirrung eine Kultur der Verständigung,

  • statt Macht und Ausbeutung eine Kultur des gerechten Teilens,

  • statt Diskriminierung und Gewalt eine Kultur der Gleichberechtigung und Versöhnung.

Desto schmerzlicher ist es, daß sich auch Kirchen immer wieder daran beteiligen, Sprache und damit Wahrheit zu verdrehen, zu polarisieren und zu dämonisieren, Diskriminierung zu legitimieren und Versöhnung zu verhindern und sich so für politische Interessen instrumentalisieren zu lassen.

Wir rufen die Kirchen und religiöse Gemeinschaften auf, die Visionen und Träume von einer gerechten und gewaltfreien Welt wach zu halten und deshalb:

  • alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das hunderttausendfache Sterben in Kriegen und an den Außengrenzen Europas endlich zu stoppen,
  • selektive Wahrheiten, Fake News und Hate speech zwischen den Menschen und in den Medien zu entlarven,
  • zu einer Kultur des Teilens zu ermutigen, die Menschen am Rande der Gesellschaften wie auch geflüchtete Menschen einbezieht,
  • Entfeindung zu ermöglichen und Räume der Verständigung zu eröffnen,
  • sich energisch einzusetzen für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus allen Krisengebieten, wie aus der Ukraine, so auch aus Rußland und Belarus,
  • den Vorrang der Gewaltfreiheit durch zivile Konflikttransformation, gewaltfreie Aktionsformen und soziale Verteidigung im politischen Handeln einzufordern

Pfingsten ermutigt und verpflichtet uns alle, die Visionen der jungen Menschen, der Söhne und Töchter, von einer lebenswerten Zukunft nicht zu zerstören, sondern zu teilen und zu bestärken.

Quelle: Pressemitteilung des Vorstands von church and peace, church-and-peace.org

church and peace e. V. ist der ökumenische Zusammenschluß von Friedenskirchen und friedenskirchlich orientierten Gemeinden, Kommunitäten und Friedensorganisationen in Europa.