Predigtpreisverleihung 2024, der Predigtpreis geht an ...

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Pastor Riki Neufeld, aus Muttenz, Schweiz

Die Verleihung des Menno-Simons-Predigtpreises 2024 erfolgt am 1. September. Dieser renommierte Preis wird jährlich von der Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen an der Universität Hamburg vergeben. In diesem Jahr wird Pastor Riki Neufeld aus der Schweiz für seine herausragende Predigt geehrt. Die feierliche Preisverleihung findet in Hamburg statt und kann zusätzlich über eine Online-Übertragung mitverfolgt werden.

Verleihung des Menno-Simons-Predigtpreis 2024

  • 1. September 2024,
    nach dem Gottesdienst, in dem die prämierte Predigt zu hören ist.
  • Ort: Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona, Mennonitenstr. 20, Hamburg
    In der Pauluskirche Altona. Bei der Pauluskirche 2, Altona
  • Zeit: 10 Uhr
  • Mit Liveübertagung: per YouTube

Die prämierte Predigt

Die ausgezeichnete Predigt wurde am Sonntag, dem 26. Februar 2023, anlässlich des Jahrestages der russischen Invasion in die Ukraine in der Mennoniten-Gemeinde Schänzli gehalten.

Die Predigt beginnt mit der Beobachtung, dass bestimmte Songs im Radio, z. B. von Miley Cyrus und Shakira, durch ihre Ohrwurmqualität auffallen und oft wiederholt werden. Diese Songs handeln von zerbrochenen Beziehungen, thematisieren diese aber auf eine ermächtigende Weise, statt nur zu klagen - sie rechnen ab. In einem ähnlichen Stil greift die Predigt ein altes biblisches Lied auf: das „Siegeslied der Debora“.

Das „Siegeslied der Debora“ aus dem Buch Richter, Kapitel 5, wird als das wohl älteste Lied der Bibel vorgestellt. Es handelt von der Prophetin und Richterin Debora, die eine entscheidende Rolle bei der Befreiung Israels von der Unterdrückung durch die Kanaaniter spielt. Besonders hervorzuheben ist, dass dieses Lied von einer Frau verfasst wurde und als eine Art Abrechnungslied dient.

Zur Zeit der Entstehung des Liedes war Israel ein Stammesverband und wurde seit 20 Jahren von den Kanaanitern unter dem Heerführer Sisera unterdrückt, der eine beeindruckende Streitmacht von 900 eisernen Streitwagen befehligte. Die Predigt betont die Schwere der Unterdrückung und die Hilflosigkeit des israelitischen Volkes.

Nach 20 Jahren des Leidens greift Gott ein und sendet Debora, die das Volk zur Befreiung aufruft. Debora wird als „Mutter Israels“ bezeichnet, die das Volk ermutigt und führt. Gemeinsam mit dem Heerführer Barak führt sie die israelitischen Stämme in die Schlacht gegen Sisera.

Die Predigt beschreibt die Schlacht, in der die Israeliten trotz ihrer Schwäche gegen das mächtige Heer Siseras siegen. Unterstützt wird dieser Sieg durch Naturgewalten wie Regen und Flut, die das kanaanitische Heer in die Flucht schlagen.

Ein zentrales Ereignis der Predigt ist die Geschichte von Jael, einer Frau, die Sisera in ihrem Zelt Zuflucht gewährt, ihn aber schließlich tötet. Jaels Tat wird als Befreiungstat gefeiert und sie wird für ihren Mut und ihre Entschlossenheit gelobt.

Ein interessanter Aspekt der Predigt ist der „zweite Blick“ auf das Geschehen. Während der erste Blick die Freude über den Sieg und die Gerechtigkeit betont, rückt der zweite Blick die menschliche Seite des Konflikts in den Vordergrund. In den Mittelpunkt rückt die Mutter Siseras, die vergeblich auf die Rückkehr ihres Sohnes wartet und um ihn trauert. Dieser Perspektivwechsel lädt dazu ein, auch im Feind die gemeinsame Menschlichkeit zu erkennen.

In vielen Kirchen wird heute am ersten Fastensonntag die Versuchung Jesu in der Wüste aus Lukas 4 thematisiert. Die Erzählung zeigt, wie Jesus nach 40 Tagen Fasten vom Satan versucht wird. Dabei wird Jesus mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die darauf abzielen, seine göttliche Macht für selbstsüchtige Zwecke zu missbrauchen.

Die erste Versuchung fordert Jesus auf, Steine in Brot zu verwandeln, um seinen Hunger zu stillen, was die menschliche Neigung symbolisiert, unmittelbare Bedürfnisse über langfristige spirituelle Ziele zu stellen. Die zweite Versuchung fordert ihn auf, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen, um seine göttliche Macht öffentlich zu demonstrieren. Dies kann als Versuchung verstanden werden, Anerkennung und Bestätigung zu suchen. Die dritte Versuchung bietet Jesus die Herrschaft über alle Reiche der Welt als Gegenleistung für die Anbetung Satans an und thematisiert die Verlockung von Macht und Reichtum.

Die Predigt betont, dass Jesus diesen Versuchungen widersteht, indem er sich auf seinen Auftrag konzentriert, den Willen Gottes zu erfüllen, anstatt persönliche Vorteile zu suchen. Jesus lädt uns ein, ihm in seiner Mission zu folgen, die Menschlichkeit im Anderen - auch im Feind - zu sehen und uns nicht von den Versuchungen der Macht und des Egoismus ablenken zu lassen. Dies wird als Beispiel dargestellt, wie Gläubige in schwierigen Situationen ihren Glauben bewahren und den Versuchungen des Lebens widerstehen können.

Der Prediger erzählt von einem Telefongespräch mit Pawlo, einem Bekannten aus der Ukraine, der aus einem von Russland besetzten Gebiet fliehen musste. Seitdem engagiert er sich in der humanitären Hilfe und bringt Hilfsgüter in die am schlimmsten betroffenen Gebiete des Landes. Pavlo erzählt von den vielen Menschen, denen er begegnet ist und die trotz der schwierigen Umstände mit großer Hingabe anderen helfen.

Besonders bewegend ist Pavlos innere Zerrissenheit: Einerseits fühlt er sich von Gott berufen, Leben zu retten und Gutes zu tun. Andererseits verspürt er den starken Wunsch, für die Freiheit seines Landes zu kämpfen. Diese Spannung zwischen dem Wunsch zu kämpfen und der Verpflichtung, den Geboten Gottes treu zu bleiben, spiegelt die Herausforderung des „zweiten Blicks“ wider. Pavlo entscheidet sich schließlich für die humanitäre Hilfe, die er als seinen „goldenen Kompromiss“ bezeichnet - eine Möglichkeit, seinem Land zu dienen, ohne gegen seine moralischen Überzeugungen zu verstoßen.

Abschließend wird betont, dass es Aufgabe der Kirche ist, immer wieder den zweiten Blick zu schärfen und auch im Feind die Menschlichkeit zu sehen. Dieser Blick hilft, die gemeinsame Menschlichkeit zu entdecken und trotz der Brutalität des Konflikts Wege der Versöhnung und des Mitgefühls zu finden.


Was ist der Menno Simons Predigtpreis?

Menno Simons (1496-1561) war eine der prägendsten Figuren der ersten Täufergeneration in Norddeutschland und wurde später zum Namensgeber für den pazifistischen Zweig der Täuferbewegung. Sein Leitgedanke lautete: „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“ (1. Korinther 3,11). In seinem Werk „Von dem rechten, christlichen Glauben 1556“ (Vollständige Werke, Seite 188) schreibt er: „Alle verführerische Lehre und falschen Sekten, groß und klein, die wider Christi Geist, Ordnung, Wort und Leben sind, helfet uns widerstreben, nicht durch Gewalt, Tyrannei oder Schwert, sondern durch Christi Geist, mit Lehren, Ermahnen, und dergleichen tugendsamen Diensten und lieblichen Mitteln mehr, auf daß sie sich vom Bösen abkehren, Christum hören, und ihm allein folgen mögen.“

Der »Menno-Simons-Predigtpreis« hat das Ziel, Predigten zu fördern und auszuzeichnen, die das biblische Zeugnis im Licht der täuferisch-mennonitischen Tradition vermitteln. Diese Predigten sollen im Kontext gelebter Ökumene friedenskirchliche Orientierung bieten und durch ihre Glaubwürdigkeit geistliche Stärkung ermöglichen. Darüber hinaus sollen sie die inhaltliche Auseinandersetzung innerhalb der eigenen Gemeinde, mit anderen Konfessionen und in der Öffentlichkeit anregen.

Der Preis wurde 2008 von Dr. h.c. Annelie Kümpers-Greve (1946-2017), einem Mitglied der Mennonitengemeinde Hamburg und Altona, gestiftet und wird seither jährlich verliehen. Die ausgezeichnete Predigt soll zu einem passenden Zeitpunkt im Kirchenjahr im Rahmen eines Gottesdienstes in der Mennonitengemeinde Hamburg gehalten werden, wo auch die feierliche Preisverleihung stattfindet.

Der Jury gehören mennonitische Theolog:innen aus verschiedenen Ländern an, Vorsitzender ist Prof. Dr. Fernando Enns (Stiftungsprofessur `Theologie der Friedenskirchen´, Uni Hamburg), als externer Gutachter fungiert Prof. em. Dr. Hans- Martin Gutmann (Praktische Theologie, Universität Hamburg). Weitere Mitglieder der Jury sind: Lukas Amstutz (Schweiz), Pastorin Birgit Foth (Ludwigshafen), Pfarrerin Dr. Christiane Karrer (Niederlande), Dr. Andrés Pacheco Lozano (Kolumbien/Niederlande) und Heinrich Wiens (Detmold).

Quelle: Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen / Fachbereich Ev. Theologie / Universität Hamburg