›church and peace‹ Konferenz in Brüssel 2024: Strategien für kollektiven, gewaltfreien Widerstand – eine europäische Perspektive!
Erstellt am:
Soll das Schwert andauernd weiterfressen?
Weißt du denn nicht!!!,
dass das bittere Ende nachkommt? (2. Sam 2,26)
Rückblick auf die Europäische Konferenz von ›church and peace‹ in Brüssel zur Förderung von Frieden und Widerstand gegen den Krieg; mit Mitgliederversammlung 24.–27. Oktober 2024, Brüssel, Belgien
„Was bedeutet Gewaltfreiheit für uns als Christinnen und Christen inmitten der Kriege und eskalierenden Konflikte, die uns heute herausfordern?“ fragte Antje Heider-Rottwilm, Vorsitzende von ›church and peace‹, zu Beginn der Europäischen Konferenz 2024 von ›church and peace‹ in Brüssel. „Angesichts der Brutalität militärischer Gewalt und des Leids der betroffenen Menschen können wir uns dem Thema nur in Demut nähern. Wir tun dies, indem wir denen zuhören, die unter der Gewalt leiden, und denen, die sich ihr entgegenstellen. Und wir tun es, indem wir uns klagend und flehend an Gott wenden, damit die Gewalt ein Ende findet.
Diese Informationen stammen aus einer Pressemitteilung von ›church and peace‹ von Anfang November 2024. Sie sollen einen Einblick in die Arbeit von ›church and peace‹ geben und dazu beitragen, die Themen der Europäischen Konferenz aufzugreifen, damit die Botschaft die Gesellschaft erreicht.
Ein Teilnehmer aus Ruanda, der als politischer Flüchtling in Frankreich lebt, sagte: „Betet für uns, die Menschen in der Region der Großen Seen: Seit mehr als 30 Jahren haben bewaffnete Konflikte über 15 Millionen Menschen das Leben gekostet, allein im Ostkongo leben 7 Millionen Vertriebene. Kämpft dafür, dass Europa aufhört, unsere Länder als Rohstofflieferanten auszubeuten!
Mehr als 120 Menschen aus 16 europäischen und 5 afrikanischen Ländern waren zum Thema „Heute dem Krieg widerstehen - kollektive gewaltfreie Alternativen vorbereiten“zusammengekommen. Eine Teilnehmerin aus Litauen stellte fest: „Ich habe mich das erste Mal gehört und verbunden gefühlt als Osteuropäerin, das war für mich ein sicherer Ort.“
In einer öffentlichen Veranstaltung berichtete die Menschenrechtsaktivistin Olga Karach über den Widerstand in Belarus und die Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern. François Marchand von Nonviolent Peaceforce stellte eindrucksvolle Beispiele ziviler gewaltfreier Intervention und Gewaltprävention vor.
Das biblische Motto der Konferenz lautete:„Soll das Schwert andauernd weiterfressen? Weißt du denn nicht, dass das bittere Ende nachkommt? (2. Sam 2,26)“. Ana Raffai aus Kroatien betonte in ihrer Bibelarbeit, dass das Schwert als Symbol für militärische Gewalt steht: „Das Menschenfressen ist das Wesen des Krieges. Das Schwert selbst – nicht erst der Terror oder der Angriff – frisst Menschen. Staatliche Verteidigungsideologien verschweigen diese Wahrheit, widerlegen sie aber nicht. Inmitten des Kampfes kann die Einsicht entstehen, dass dieser Kampf nur ein Menschenfressen ist.“ Sie rief dazu auf, die unschuldigen Opfer als Verpflichtung zu sehen, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, indem wir uns den Feindbildern entgegenstellen. „Es ist schwer, im Krieg zu vermitteln, dass Feinde auch zukünftige Friedensfreunde sein können.“
Brüsseler Partnerorganisationen wie der Quaker Council for European Affairs (QCEA) berichteten über ihre Projekte angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Marek Mišák von der COMECE warnte vor der zunehmenden Militarisierung der EU, die sich in den „mission letters“ der designierten Kommissare auf Verteidigung und Sicherheit konzentriere. Torsten Moritz von der CCME unterstrich die Bereitschaft, geflüchtete Ukrainer aufzunehmen, kritisierte aber die eingeschränkte Solidarität mit anderen Flüchtlingen und die daraus resultierenden Neiddebatten aufgrund fehlender sozialer Infrastruktur.
Jan de Volder von der Gemeinschaft Sant’Egidio berichtete von Gruppen in der Ukraine, die trotz der Zerstörung ihrer Häuser ihre gewaltfreien Projekte fortsetzen. Katerina Pekridou von der Konferenz Europäischer Kirchen sprach über das Programm „Pathways to Peace“ und die geplante Konferenz mit ukrainischen Kirchen zum Beitrag der Kirchen zur Deeskalation.
In Workshops wurden Erfahrungen aus der Ukraine mit gewaltfreier Zivilverteidigung und die Rolle von Medien, Kultur und Erinnerungsarbeit diskutiert. Natalia Morozova und Bérangère Savelieffe berichteten über Widerstand in Russland, von mutigen kleinen Aktionen gegen den Krieg bis hin zu Gefängnisstrafen für symbolische Gesten wie blau-gelb lackierte Fingernägel.
Marie-Noëlle Koyara, ehemalige Verteidigungsministerin der Zentralafrikanischen Republik, stellte fest, dass Afrika aus europäischer Sicht oft nur als Rohstofflieferant wahrgenommen wird und die Armeen der afrikanischen Länder vor allem die bestehenden Ausbeutungsstrukturen schützen. Ein neues Verständnis von Sicherheit in Afrika setzt auf die Anpassung an kulturelle und religiöse Traditionen mit dem Ziel, dass Armeen zu „Armeen der Entwicklung“ werden.
Weitere Workshops beschäftigten sich mit Themen wie Kriegsdienstverweigerung, Begrenzung von Rüstungsproduktion und Rüstungsexporten sowie Community Building als Strategie gewaltfreien Widerstands.
Im Abschlussgottesdienst griff Josef Freise aus Deutschland die Friedensvision des Propheten Micha auf, an die Jesus anknüpft, als er Petrus auffordert, das Schwert niederzulegen. Er erinnerte an gewaltfreie Bewegungen in aller Welt, wie die Aktion auf dem Lutherhof in Wittenberg 1983, bei der ein Schwert zur Pflugschar umgeschmiedet wurde. Diese Vision der Gewaltfreiheit habe Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen miteinander ins Gespräch gebracht.
Auf der Mitgliederversammlung vor der Konferenz wurden Antje Heider-Rottwilm als Vorsitzende und Elisabeth Freise als Vorstandsmitglied für ein weiteres Jahr bestätigt. Neu in den Vorstand gewählt wurden Martin Tiller aus Großbritannien, Anja Vollendorf und Mike Zipser aus Deutschland. Aus dem Vorstand verabschiedet wurden Kees Nieuwerth, Ruben Sečen und Tony Weekes, denen für ihre langjährige Arbeit herzlich gedankt wurde.
church and peace e. V. ist der ökumenische Zusammenschluß von Friedenskirchen und friedenskirchlich orientierten Gemeinden, Kommunitäten und Friedensorganisationen in Europa.