Amische und Mennonitische Familien

Buchvorstellung: Amische und Mennonitische Familien um Augsburg und im Donaumoos im 19. Jh.

Deckel des Buchumschlags

Amische und Mennonitische Familien um Augsburg und im Donaumoos im 19. Jh.

Autoren: Robert Dürr und Helmut Funk

Herausgeber: Mennonitische Forschungsstelle

Verleger: Lichtzeichen-Verlag

ISBN: 9783921881286

Seiten: 197

 

Im 19. Jahrhundert erlebte Bayern große Veränderungen. Zunächst war es als Kurfürstentum im Wesentlichen auf Oberbayern, Niederbayern, Teile von Schwaben und die Oberpfalz beschränkt, heute auch Altbayern genannt. Im Zuge der Neuordnung unter Napoleon verlor Bayern seine Gebiete in Salzburg und Tirol und bekam dafür Bayerisch-Schwaben, Unterfranken, Mittelfranken und Oberfranken. 1806 wurde Bayern zum Königreich. Bis 1800 hatte es Bayern als Kurfürstentum erfolgreich geschafft, ein rein katholisches Land zu bleiben. Die Veränderungen begannen nach 1799 als Maximilian IV. Joseph, ein Wittelsbacher aus der Zweibrücker Nebenlinie, Kurfürst von Bayern und 1806 als Max I. Josef König von Bayern wurde. Er war dem Geist der Aufklärung gegenüber offen und war in z. Ehe mit der evangelischen Prinzessin Caroline von Baden verheiratet. Ihr war es gestattet worden, einen evangelischen Seelsorger mit nach Bayern zu bringen und mit ihrem Hofstaat in Schloß Nymphenburg evangelische Gottesdienste zu feiern.

Bei den Reformen des Kurfürsten und seines Ministers Maximilian Graf von Montgelas hatten der ökonomische Nutzen Priorität vor der religiösen Uniformität. Diese Gesinnung ermöglichte die Anwerbung und Einwanderung von nicht katholischen Landwirten und Kolonisten zur Urbarmachung von Moorgründen und die fortschrittliche Bewirtschaftung von ehemaligen Klostergütern. Auch mennonitische Bauernfamilien ließen sich dazu bewegen, nach Bayern einzuwandern. Hier fanden sie günstige Existenzmöglichkeiten und religiöse Toleranz, durften aber als private Kirchengesellschaft ihren Glauben nicht öffentlich leben.

Die einwanderungswilligen Mennonitenfamilien kamen aus dem Elsaß und der Pfalz. Sie gehörten zwei ausgeprägt unterschiedlichen mennonitischen Glaubensrichtungen an, die aus einer Spaltung im Jahre 1693 hervorgegangen waren. Beide Gruppierungen finden sich deshalb auch in diesem Buch wieder, das Geschehnisse und Familienzusammenhänge aus der Anfangszeit in Bayern dokumentiert.

Bei den Amischen pachteten bzw. kauften 2-3 verwandtschaftlich verbundene Familien einen Hof und bewirtschafteten ihn zusammen. Die Höfe lagen oft in größerer Entfernung von einander. Der Lebensstil dieser Menschen war einfach, ihre Kleidung konservativ einheitlich, wodurch sie sich auch von der einheimischen Bevölkerung unterschieden. In der Gemeinde übten sie eine strenge Disziplin und pflegten die Fußwaschung beim Abendmahl. Die Leitung der Gemeinden übertrugen sie den aus ihren Reihen gewählten Dienern am Buch (Predigern) und den bestätigten Dienern (Ältesten). Ihre gottesdienstlichen Versammlungen wechselten von Gutshaus zu Gutshaus.

Die „Pfälzer“, auch evangelische Mennonitengemeinden genannt, betrieben eine nicht weniger progressive Wirtschaftsweise und waren in Lebensstil und Kleidung angepaßter. Als Kolonisten gründeten sie im Donaumoos bei Neuburg/Donau den Ort Maxweiler und hatten dort auch ein Schul- und Bethaus. Ein weiterer Schwerpunkt lag im Dachauer Hinterland, wo sie in räumlicher Nähe z.T. als Großfamilien größere Höfe kauften und sie dann auf ihre Kinder oder Verwandte aufteilten. Sie hatten in Eichstock bei Markt Indersdorf ein Bethaus als ihren Mittelpunkt. Ihre Prediger und Älteste waren Männer aus ihren Reihen. Als die Kolonisten in Maxweiler ihre Anwesen verkauften und nach den USA auswanderten, löste sich die dortige Gemeinde auf, die Gemeinde Eichstock dagegen blieb trotz zahlreicher Abwanderung bis in die Gegenwart hinein bestehen.

Zwischen den Amischen und den „Pfälzern“ gab es anfänglich eher spärliche Beziehungen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aber zunehmend auch Ehebündnisse. Die Zahl der Glieder verringerte sich durch Auswanderung nach USA, was dazu führte, daß die Verbliebenen beider Gruppierungen sowie die späteren Zuwanderer aus Franken und Württemberg sich um 1900 im Bereich der Städte Ingolstadt, Regensburg und München zu Gemeinden vereinigten, die bis heute fortbestehen. Aufgrund der Familiennamen läßt sich noch heute auf ihre frühere Herkunft und Gruppenzugehörigkeit schließen.

Die hier aufbereiteten Dokumente und genealogischen Daten wurden in langfristiger, mühevoller Arbeit von den Verfassern unter Mitarbeit vieler anderer zusammengetragen. Ihnen allen gilt für ihre Mitarbeit unser herzlicher Dank. Wir glauben, daß mit dieser Veröffentlichung manche bisher unbekannten Sachverhalte erhellt werden können. Bei aller Sorgfalt in der Ausarbeitung und Zusammenstellung waren allerdings Unstimmigkeiten nicht auszuschließen. Wir bitten um gebührende Nachsicht und um Hinweise zu auffälligen Unrichtigkeiten.

Wer darüber hinaus an weiterführenden, einschlägigen Veröffentlichungen Interesse hat, dem empfehlen wir das Buch „200 Jahre Mennonitengemeinden in Bayern“, das u.a. zwei umfangreiche Literaturverzeichnisse zur „Geschichte der Täufer in Bayern“ wie auch zur „Geschichte der Mennoniten in Bayern“ beinhaltet. Darüber hinaus bietet die Veröffentlichung „Amische Mennoniten in Bayern“ von Hermann Hage eine systematische Gesamtdarstellung mit einer Fülle von Informationen zur Wirtschafts-, Siedlungs- und Sozialgeschichte.

Die Verfasser